Postreform: Ein Flop für die Verbraucher

■ Die Monopolkommission legt Jahresgutachten zum Wettbewerb vor

Bonn (AP/dpa/taz) – Die zweite Postreform bringt nach Ansicht der Monopolkommission weder Fortschritte für den Wettbewerb im Inland noch für die Verbraucher. Die Wettbewerbshüter, die in Abständen von zwei Jahren im Auftrag der Bundesregierung über Konzentrationen von Unternehmen berichten, nehmen in ihrem gestern vorgelegten 10. Hauptgutachten die Privatisierung der Postunternehmen regelrecht auseinander: Die Postreform sei erst spät erfolgt; alles in allem greife sie zu kurz, sei lückenhaft und zu stark kompromißgeprägt.

Die Warnung kommt wohl leider zu spät, denn das umfangreiche Gesetzeswerk soll heute vom Bundesrat endgültig verabschiedet werden. Bei der Umwandlung der Unternehmensbereiche Telekom, Postdienst und Postbank in Aktiengesellschaften soll das Telefondienst-, das Netz- und das Funkfrequenzmonopol weiterhin beim Bund verbleiben. Die Öffnung des Telefondienstmonopols wird jedoch schon 1998 durch eine Entscheidung der EU-Kommission erzwungen, Termine für die Öffnung des Netzmonopols der Telekom und des Briefdienstmonopols des Postdienstes stehen zwar noch aus, sind aber über kurz oder lang ebenfalls zu erwarten. Angesichts dieser Entwicklung, so die Monopolkommission, sei der Verzicht auf eine Wettbewerbsöffnung bei Telefondienst und Netzbetrieb „politisch kurzsichtig“.

Für die Kundschaft sehen die Experten, die den Auftrag haben, den Stand der Unternehmenskonzentration und die absehbare Entwicklung unter wirtschafts- und wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten zu beurteilen, ebenfalls gravierende Nachteile. Sie müßten auf einen raschen und bedarfsgerechten Ausbau der Telekommunikations-Infrastruktur verzichten, heißt es in dem Gutachten. Wettbewerb erhöhe nicht nur die Vielfalt und Qualität der angebotenen Leistungen, sondern schütze die Verbraucher auch vor „monopolistischer Ausbeutung durch ein überhöhtes Kostenniveau“ – ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Telekom, die an den Telefondiensten ein Vermögen verdient.

Bei der Präsentation ihrer übrigen Vorstellen gibt sich die Monopolkommission jedoch beinhart neoliberal: Beim Wettbewerb im Medienbereich wird ein verstärkter Verzicht auf beschränkende Regulierungen gefordert, beispielsweise eine Begrenzung der täglichen Werbezeiten für Private. Zum Thema leitungsgebundene Energiewirtschaft erklärten die Gutachter, daß der Wettbewerb in der Elektrizitäts- wie auch in der Gaswirtschaft weitgehend ausgeschaltet sei und dies zu einer vergleichsweise teuren Versorgung der Verbraucher führe.

Für den Arbeitsmarkt hält die Monopolkommission neue Regelungen für unerläßlich. In der jetzigen Situation allein auf die Kräfte des Wirtschaftswachstums zu setzen, um die Zahl der Arbeitslosen drastisch zu reduzieren, erscheine zu riskant. Soweit richtig, doch dann kommt das dicke Ende: Die Märkte für abhängige Arbeitsleistungen bildeten ein Monopol der Tarifvertragsparteien mit gesetzlich gewährleistetem Konkurrenzschutz. Diese Kartellstruktur sei zwar nicht die einzige Erklärung für die Arbeitslosigkeit, ihre Veränderung könne aber einen Beitrag zu mehr Beschäftigung leisten, meinen die Kommissionsmitglieder. Vier von fünf Mitgliedern der Monopolkommission schlugen deshalb gesetzliche Öffnungsklauseln vor. Tarifvertraggesetz und Betriebsverfassungsgesetz müßten so geändert werden, daß von tarifvertraglichen Regelungen durch Betriebsvereinbarungen abgewichen werden kann. Das Risiko, daß Konflikte auf die Betriebsebene verlagert werden, sei eher gering einzuschätzen, heißt es in dem Gutachten. Ferner hält die Monopolkommission aus Rücksicht auf das Gemeinwohl auch Begrenzungen der Unabdingbarkeit von Tarifverträgen für ebenso statthaft wie sinnvoll.