Schlagstock hin, Schlagstock her

■ Leipziger „Prügelpolizisten“ sehen sich vor Gericht zu Unrecht beschuldigt / Aussage steht gegen Aussage

Leipzig (taz) – Kleinganoven haben sich gegen lästige Polizisten verbündet und wollen nun auch noch die Justiz auf ihre Seite bringen. So jedenfalls hörten sich gestern vor dem Leipziger Landgericht die Aussagen von vier angeklagten Polizeibeamten an. Den auf Probe verbeamteten Streifenpolizisten wird in mehreren Fällen gemeinschaftliche Freiheitsberaubung und gemeinschaftliche Körperverletzung im Amt vorgeworfen. Damit haben sie sich zunächst die Suspendierung vom Dienst eingehandelt. Bis jetzt steht Aussage gegen Aussage. Die Anklageschrift jedoch hält sich ausschließlich an die Darstellungen der Betroffenen, die sich auf fatale Art gleichen.

Demnach habe der Angeklagte Ronny K. (25) am 29. Juni vor dem Leipziger Jugendklub Salmonelle grundlos einen Jugendlichen in Handschellen gelegt, in den Streifenwagen verfrachtet. Dann sei er mit seinem Opfer zu einem Tagebau gefahren, dort habe er zum Schlagstock gegriffen. Am gleichen Abend sei dieser Jugendliche nochmals der Polizei in die Fänge geraten, diesmal Roger A. (33) und Klaus S. (56). So begann die Tortour noch einmal von vorn: Handschellen, Tagebau, Prügel. Am 14. August sollen, so die Anklage, Ronny K. und Roger A. Drei VietnamesInnen, zwei Männer und eine Frau, vor einem Supermarkt kontrolliert haben. Der Ausweiskontrolle folgten Prügel mit dem Schlagstock und die Fahrt in den Tagebau. Dort soll es noch einen Schuß Reizgas gegeben haben. Tage später ertappten K. und A. sowie Günther U. (40) einen Kellerdieb auf frischer Tat, wieder habe es Prügel gesetzt. Schließlich kontrollierte Ronny K. am 8. September erneut die Vietnamesen vor dem Supermarkt, wieder endete die Kontrolle mit Prügel im Tagebau, diesmal sollen auch 430 Mark und Wertgegenstände gestohlen worden sein.

Einen wenig verläßlichen Beleg für die Darstellung der Polizisten liefern die „Vorkommnismeldungen“ in ihren Dienstbüchern – in Eile werden Eintragungen schon mal über Funk durchgegeben und zum Dienstschluß vervollständigt. Den angeblich von ihnen mißhandelten Jugendlichen wollen die Beamten an jenem Tag gar nicht gesehen haben. Auch die Vietnamesen würden sie kennen und öfter kontrollieren. Aber nie mit Prügel.

Staatsanwältin Sybill Petersen, die den Prozeß als Vertretung übernommen hat, wird wohl mehr Beweise vorlegen müssen als die eingezogenen Schlagstöcke. An denen hatte sich bei Ansicht ein kleiner Streit entfacht: Sind solche Exemplare in Sachsen überhaupt zugelassen oder nicht? Mehr als zwanzig Zeugen sind vorgeladen, am 20. Juli kommt das Urteil. Detlef Krell