Die Notbremse ziehen

■ Bündnis 90/Die Grünen fordert, Entwicklungsgebiete aufzugeben

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat den Senat aufgefordert, das städtebauliche Entwicklungsgebiet Wasserstadt Oberhavel (Spandau) aufzugeben und die Pläne zum Ausbau von Biesdorf Süd zurückzustellen. Statt dessen sollten die Prioritäten bei den großen Baumaßnahmen für Wohnungen und Gewerbeflächen zugunsten der innerstädtischen Gebiete in Ostberlin gesetzt werden. „Das Gebiet Johannisthal/Adlershof muß aus wirtschaftspolitischen Gründen Vorrang haben“, sagte Michaele Schreyer, haushaltspolitische Sprecherin der Partei, gestern. Dort soll ein Wissenschaftszentrum entstehen. Ebenso seien die Planungen für die Rummelsburger Bucht und Eldenaer Straße von hoher Bedeutung. Sie erinnerte daran, daß die Entwicklungsgebiete finanzielle Lasten in Milliardenhöhe darstellten, die Berlin in den Ruin treiben könnten: „Ohne Gesamtübersicht über die finanziellen Folgen wurden vom Senat Verpflichtungen eingegangen, die weder im aktuellen Haushalt noch in der mittelfristigen Finanzplanung gedeckt werden.“

Für die vier Entwicklungsgebiete betragen die geschätzten Ausgaben aus dem Landeshaushalt 1994 rund 2,6 Milliarden Mark. In den neuen Haushalt müßten nach Ansicht Schreyers noch 1,6 Milliarden Mark zusätzlich eingebracht werden, um Erschließungsmaßnahmen, Altlastenbeseitigung usw. vorzunehmen. Unkalkulierbar seien außerdem die Risiken der Entwicklungsgesellschaften. Schon jetzt hätte die Wasserstadt-Gesellschaft TET Schwierigkeiten, die Projekte kostenträchtig zu vermarkten, sagte Schreyer. Deren Verluste müßte ebenfalls das Land tragen. Deshalb fordere ihre Fraktion, „die Notbremse zu ziehen“.

Jürgen Nottmeyer, Chef der TET-Wasserstadt, widersprach den Ansichten Schreyers. Die Wasserstadt Oberhavel entwickle sich trotz „abgerutschter Gewerbekosten zügig“, sagte Nottmeyer. Von einer Grundstücksentwertung könne aber nicht die Rede sein. Die TET beabsichtige, noch in diesem Jahr eine große Zahl der Bauflächen zu sanieren. 1995 könnte mit dem Wohnungsbau begonnen werden. Rolf Lautenschläger