Ein „harmloser alter Herr“?

■ Jüdische Gemeinde Münchens gegen mitregierenden Rep

München (taz) – Wie konnte das passieren? Der „Republikaner“ Ludwig Nagler ist künftig der Korreferent für das Kreisverwaltungsamt in München, das als oberste Ordnungsbehörde für die öffentliche Sicherheit und die Ausländerpolitik der Stadt verantwortlich ist. „Alle anderen Parteien haben es einfach verpennt, dieses Amt zu übernehmen“, sagt Angelika Lex vom Bündnis 90/ Die Grünen, „und waren zu blöd, es besser abzusprechen.“

Die Israelitische Kultusgemeinde protestierte gestern in einem Schreiben an CSU und SPD gegen die Benennung Naglers. Daraufhin sicherte Kreisverwaltungschef Hans-Peter Uhl (CSU) der Gemeinde zu, seinem Korreferenten keine „Sammelauskünfte“ über in München lebende Juden zu erteilen.

Münchens Korreferenten haben zwar keine Entscheidungs-, sondern nur Kontrollbefugnisse. Korreferent Nagler etwa soll den Kreisverwaltungs-Chef Hans-Peter Uhl (CSU) kontrollieren. Aber bei berechtigtem Interesse kann der Rep jetzt Einsicht in die Daten des Einwohnermeldeamts und die Ausländerkartei nehmen. Neben den Zusicherungen an die Israelitische Kultusgemeinde erklärte Uhl alle „Republikaner“-Akten zur Verschlußsache, damit Nagler sie nicht einsehen kann. Er betonte sein Unbehagen und warf den Bezichtigungsball zurück Richtung Rot-Grün: „Die hatten doch fünfmal die Chance, mir als Korreferent zugestellt zu werden.“

Der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Dietmar Keese, sagte gestern, die großen Parteien hätten nach dem Prioritätsprinzip gehandelt, und „das neue Amt des Republikaners ist nicht so bedeutend wie zum Beispiel die Kontrolle über das Personalreferat.“ Ausweichend merkte er an, daß die CSU das „Zugriffsverfahren“ eingeführt habe, bei dem sich die Stadtrats- Parteien nacheinander für die zu vergebenen Korreferate anmelden können. Erst dadurch sei die Ernennung möglich geworden. Auch die Grüne Angelika Lex sieht's erstaunlich locker: „Der Nagler ist ein harmloser alter Herr.“ Sven Christian