Niederlage für Abdić?

■ Schwere Kämpfe im bosnischen Bihać

Split (taz) – Widersprüchlich waren am Wochenende die Meldungen über die Lage in Bihać, der westbosnischen Enklave. Dort kämpfen seit Oktober letzten Jahres bosnische Regierungstruppen nicht nur gegen die Truppen der bosnischen und kroatischen Serben, sondern auch gegen die Soldaten des abtrünnigen bosnischen Politikers Fikret Abdić. Während einerseits der Kommandeur der bosnischen Regierungstruppen, Atif Dudaković, am Sonntag morgen von einem Sieg über die Truppen Abdić' sprach, melden serbische Quellen Erfolge des mit ihnen verbündeten Politikers. Die Verhandlungen über eine Verlängerung des gestern ausgelaufenen Waffenstillstands zwischen Serben und Bosniern scheinen unter diesen Bedingungen bedeutungslos zu sein.

Bestätigt ist, daß die Kämpfe am Freitag und am Samstag erstmals in der von den Regierungstruppen gehaltenen Hauptstadt der Enklave, die ebenfalls den Namen Bihać trägt, stattgefunden haben. Nach Angaben der UNO soll es dabei zu Kämpfen von Haus zu Haus und zu vielen Opfern unter der Zivilbevölkerung gekommen sein. Bestätigt ist auch, daß serbisch-bosnische Truppen von jenseits des Una-Flusses Bihać beschossen haben. Der Kommandeur der bosnischen Truppen behauptete in einem Interview mit dem bosnischen Rundfunk, die Truppen von Fikret Abdić seien in der Nacht zum Sonntag völlig aufgerieben worden, die gegnerischen Truppen hätten 1.200 Mann verloren, man feiere jetzt den Sieg.

Schon seit Monaten versuchen die Truppen von Abdić, der im September letzten Jahres im Nordwesten der Enklave seinen eigenen Ministaat, die „Autonome Region Westbosnien“ ausgerufen hatte, die den Süden der Enklave kontrollierenden Regierungstruppen zu besiegen. Wiederholt sind sie dabei über serbisch okkupiertes Gebiet in Kroatien in die Nähe von Bihać gebracht worden. Der zum Teil aus serbischen Söldnern bestehenden Truppe war es nämlich nicht gelungen, die Regierungstruppen entlang der bisherigen Demarkationslinie innerhalb der Enklave zurückzudrängen. Im Gegenteil gelang es den Regierungstruppen wiederholt, auf das Gebiet der „Autonomen Region Westbosnien“ vorzudringen.

Bestätigt sich die militärische Niederlage von Fikret Abdić, dann wäre dessen Position weiter geschwächt. Denn bereits zuvor hatte die kroatische Regierung nach der Bildung einer bosniakisch-kroatischen Föderation ihre über den Winter gewährte Hilfe für den muslimisch-bosnischen Politiker eingeschränkt. Erich Rathfelder