Sauberkeit, Ordnung, Sicherheit

■ Innenstadtkonzept nein danke: Stadtplanungskompetenz zerredet City

Ach, wie gut waren doch die alten Zeiten: Vor dem Krieg, als die durchgehenden Pferdegespanne im Gewimmel auf den Straßen noch die Fußgänger totfuhren – urbane Vitalität und Vielfalt im Erlebnisraum City mit guter verkehrlicher Anbindung würde das heute heißen. Und nach dem Krieg, als der Bürgermeister Kaisen im zerstörten Bremen die Parole ausgab: Genug gejammert, jetzt wird angepackt und die Innenstadt wieder aufgebaut. „Auch damals wurde demokratisch diskutiert, aber nicht so viel und so erfolglos; wäre das so gegangen wie heute, wäre Bremen im Jahr 2050 vielleicht zur Hälfte wieder aufgebaut.“ Als Volkes Stimme und deus ex machina zugleich rief Sparkassen-Chef Friedrich Rebers gestern den „Planungsnotstand Innenstadt“ aus und durfte dieses der versammelten Stadtplaungsprominenz auf der SPD-Gesprächsrunde „Gemeinschaftsaufgabe Innenstadtentwicklung“ ins Poesiebüchlein schreiben; all denen, die seit Monaten um so etwas wie ein Innenstadtkonzept rangeln und nicht zu Potte kommen wollen.

Straßenbahn raus aus der Obernstraße und rein in die Martinistraße – diese Glaubensfrage, an der scheinbar jede Gestaltungsidee für die City hängt, ist letztlich nebensächlich: was das Volk will, so Rebers, sind „Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit – Gammler und Penner gehören nicht in die Innenstadt, da schämt man sich ja.“ Eine Bannmeile um Rathaus und Parlamentsgebäude müsse her, damit man sich auch den Touristen wieder angemessen präsentieren könne. Und Rebers weiter zum Thema Einkauf mit dem Auto: Letztlich entscheide der Kunde, was für eine Innenstadt nun besser sei, und nicht der Politiker. Politikerinnen oder Stadtplanerinnen brauchten sich ob dieser rein männlichen Wortwahl übrigens nicht angegriffen zu fühlen, da sie bis auf Bausenatorin Lemke-Schulte nicht vorhanden waren.

Wie ein altes Ehepaar tauschte mann also weiterhin bekannte Positionen in variierenden Tonarten aus – Straßenbahnrein, Straßenbahn raus, Autos rein, Autos raus, Autos ein bißchen raus –, betrieb ein wenig Selbstgeißelung – nein, viel sei ja wirklich nicht passiert in den letzten Monaten – und mahnte zum Aktionismus statt endloser Konzeptdiskussion. Wirtschaftsstaatsrat Haller: „Wir haben noch 200 Arbeitstage in dieser Legislaturperiode, jetzt müssen wir einfach einzelne Projekte durchziehen, denn über Konzepte werden wir uns sowieso nicht einig.“

Bitter trifft es die hanseatischen Seelen, von sowas wie Oldenburg einfach abgehängt zu werden. Fazit der Sitzung, an der – nicht zu vergessen – die Spitzen aller beteiligten Ressorts und der Handel vertreten waren: Jetzt muß mal was passieren. Endlich mal was. Jetzt, sofort, und ganzganz schnell. Jawohl.

Susanne Kaiser