Zwei Politiker reden vom Wetter

■ Chinas Premier Li Peng macht in Rumänien gute Geschäfte und frischt Erinnerungen an alte Moskauer Zeiten auf

Berlin/Bukarest (taz) – Nach außen hin gab er sich kühl wie immer. Auch aufmerksame Beobachter konnten beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Peng in Rumänien kein Zeichen der Verärgerung über das schnelle Ende seines Deutschland-Besuchs feststellen. Außerdem dürfte beim Treffen mit seinem alten Bekannten Ion Iliescu, dem rumänischen Staatspräsidenten, die gute Laune zurückgekehrt sein: Niemand demonstrierte gegen Menschenrechtsverletzungen, kein Politiker stellte unangenehme Fragen.

Nach Gesprächen, die Li Peng und Iliescu im Bukarester Präsidentenpalast geführt hatten, plauderten die beiden Politiker während ihres Auftrittes vor der Presse erst einmal über den Regen, der nach langer Dürre über Bukarest niedergegangen war. Die Natur halte es mit Rumänien, so Iliescu, der Besuch des Ministerpräsidenten stehe unter guten Vorzeichen; Li Peng seinerseits freute sich, daß nach schweren Überschwemmungen in China dort nun erst einmal Trockenheit herrscht. Small talk unter Experten: Li Peng und Iliescu kennen sich aus ihrer Studienzeit an der Moskauer Hydrotechnischen Fakultät.

Dann wurde es handfest: Iliescu, der China 1991 und in diesem Frühjahr besucht hatte, lobte die „sozialistische Marktwirtschaft“ und den ökonomischen Aufschwung Chinas in den höchsten Tönen, ließ aber vorsichtshalber offen, ob er die Mischung aus politischer Diktatur und wirtschaftlicher Freiheit auch in seinem Land einzuführen gedenkt. China sei, so Iliescu, nach Deutschland Rumäniens zweitwichtigster Handelspartner, umgekehrt spiele Rumänien von allen Ländern der Region die wichtigste Rolle für China. Im letzten Jahr erreichte das Außenhandelsvolumen zwischen den beiden Ländern immerhin eine Summe von 500 Millionen Dollar, in Rumänien arbeiten knapp 2.000 chinesisch-rumänische Joint-ventures, geplant ist die Gründung einer gemeinsamen Bank. Die schon unter Ceaușescu traditionell guten Beziehungen sind jetzt zu beiderseitigem Vorteil. China hat mit Rumänien einen wirtschaftlichen und ökonomischen Brückenkopf in Europa. Für das im Westen geschmähte Rumänien wiederum ist China die einzige Großmacht, zu der es ausgezeichnete Beziehungen pflegt.

Li Peng sprach nicht allein von Wirtschaft, sondern davon, daß jedes Land das unverbrüchliche Recht habe, seine eigene politische und wirtschaftliche Ordnung zu wählen. Auf dem weiteren Programm des Premiers stand gestern unter anderem ein Treffen mit Regierungschef Nicolae Vacaroiu und der Abschluß eines chinesisch- rumänischen Freundschaftsvertrages. Keno Verseck