Die Tücken des Sozial-Sponsorings

■ Sponsorengelder von der Industrie werden zum Hoffnungsträger für soziale Einrichtungen / Das „Geschäft auf Gegenseitigkeit“ ist aber kein Allheilmittel

„Sponsored by Daddy“ heißt es auf einem Aufkleber, der gelegentlich auf dem Heck von Kleinwagen zu sehen ist. Während die großzügigen Väter trotz Aufkleber kaum einen öffentlichen Imagegewinn verbuchen dürften, ist genau dies für Unternehmen, die soziale Projekte finanzieren, die treibende Kraft. „Entscheidend ist, daß wir mit dem Projekt in die Medien kommen“, erklärt Peter Philipp, Leiter der Förderprojekte Sozial- Sponsoring der Daimler-Benz AG, mit erfrischender Offenheit.

Es ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Die Unternehmen geben Geld für soziale Projekte. Als Gegenleistung erwarten sie, daß die geförderten Projekte oder Einrichtungen Öffentlichkeitsarbeit machen, die das gesellschaftliche Engagement des Sponsors hervorheben.

Angesichts knapper werdender öffentlicher Gelder und einem verschärften Verteilungskampf schwinden bei den freien Trägern die Berührungsängste. „Es gibt ein Rieseninteresse“, stellt Friedrich Haunert vom Sozialpädagogischen Institut Berlin (SPI) fest. Und einen großen Informationsbedarf, wie die Teilnahme von über 100 freien Trägern an der SPI-Veranstaltung „Projekte fragen – Sponsoren antworten“ am Montag gezeigt habe.

Doch nicht jedes Projekt eignet sich für Sponsoring. In Frage kommen nur öffentlichkeitswirksame Ideen, möglichst mit „einer überregionalen Ausstrahlung“ oder gar „internationalem Profil“, wie Daimler-Benz-Mann Philipp ausführt. Er liefert ein Paradebeispiel dafür, wie die Rechnung für den Sponsor aufgeht: Der Automobil- und Rüstungskonzern unterstützte eine renommierte Behinderteneinrichtung in der Nähe von Stuttgart bei der Einrichtung einer Kreativ-Werkstatt. Eine Ausstellung der Kunstwerke ging auf Tournee durch Osteuropa, in Workshops mit PolitikerInnen und SozialarbeiterInnen wurde diesen das innovative Konzept der Werkstatt nähergebracht. Darauf wurde das Goethe-Institut aufmerksam, das die Ausstellung in fünf brasilianische Städte holen wird. „So gelingt es, mit einer Fördersumme von 60.000 bis 80.000 Mark ein interessantes sozialpolitisches Konzept in mehrere europäische Länder und nach Übersee zu bringen und eine erhebliche Resonanz der politisch Verantwortlichen zu erzielen“, verkaufte Philipp das Vorführmodell.

Zwei bis drei Millionen Mark investiert Daimler-Benz jährlich in das Sozial-Sponsoring. Insgesamt läßt sich die bundesdeutsche Industrie diese Form der Imagepflege 100 Millionen Mark kosten, die Tendenz ist steigend. Verglichen mit den 300 Milliarden Mark, die jährlich aus öffentlichen Haushalten für soziale Aufgaben ausgegeben werden, eine relativ geringe Summe. Für Projekte, die zunehmend mit Kürzungen konfrontiert sind, ist es dennoch eine Möglichkeit, diese zumindest teilweise auszugleichen. Werner Dierker, der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Kommunikationsverband, warnte allerdings davor, Sozial-Sponsoring vor allem zum Stopfen von Finanzlöchern einzusetzen: „Der tägliche Grundbedarf kann nicht über Sponsoring abgedeckt werden.“ Da ein Sponsoring-Vertrag für eine begrenzte Laufzeit von ein bis fünf Jahren abgeschlossen wird, sollen damit vor allem zusätzliche innovative Projekte durchführt werden.

„Hier liegt eine Chance zur Weiterentwicklung, die die Projekte noch viel zuwenig erkennen“, stellt Dierker fest. Außerdem nütze die Öffentlichkeitsarbeit auch dem Image des Projektes, nicht zuletzt, wenn es bei (Finanz- )Politikern einen gewissen Bekanntheitsgrad erreiche.

Auf seiten der Projekte herrschen dennoch Skepsis und Ambivalenz. „Viele scheuen davor zurück, Öffentlichkeitsarbeit für den Geldgeber zu leisten“, weiß Philipp aus Erfahrung. Anderen ist die Einbindung in das Marketing- Konzept des Geldgebers ein zu hoher Preis. Zudem besteht die Gefahr, daß sich die „Angebote“ sozialer Arbeit verstärkt an der „Verwertbarkeit“ und „Nachfrage“ durch Sponsoren ausrichten. Gerade für die Öffentlichkeitsarbeit ist Professionalität gefragt. Daß dies nicht nur kleine Träger überfordert, zeigte kürzlich ein verzweifelter Anruf aus einem Projekt: Weil die Stelle für Öffentlichkeitsarbeit schon länger nicht besetzt sei, habe man den Sponsor sträflich vernachlässigt. Ob die taz nicht über ein aktuelles Vorhaben berichten könne... Der Versuch der Instrumentalisierung war zum Scheitern verurteilt. Dorothee Winden