Birmas Geheimdienstchef macht einen Schritt

■ Khin Nyunt erklärt, er wolle die Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi treffen und erhofft sich damit Pluspunkte auf der internationalen Bühne

Bangkok (taz) – Seit fast fünf Jahren lebt die birmesische Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi eingesperrt in ihrem Haus am Inya-See von Rangoon. Bislang hatte sich die Militärjunta des Landes strikt geweigert, mit der populären Dissidentin zu sprechen. Die Generäle setzten darauf, daß die unbeugsame Politikerin sich so isoliert und einsam fühlen würde, daß sie schließlich aufgeben und ins Ausland gehen würde. Doch Suu Kyi machte keine Anstalten, diese Hoffnung zu erfüllen.

Jetzt bewegt sich offenbar etwas. Der mächtige Chef des militärischen Geheimdienstes, Khin Nyunt, hat gegenüber einem Journalisten der New York Times erklärt, daß er „Aung San Suu Kyi treffen wird“. Dabei verriet er jedoch nicht, wann eine solche Begegnung stattfinden soll und was er dort diskutieren will.

Der Zeitpunkt dieser Erklärung kam nicht von ungefähr: In der kommenden Woche werden die Vertreter der südostasiatischen Staatengemeinschaft Asean in Bangkok zu Gesprächen zusammenkommen. Auch Abgesandte Birmas werden als Gäste zugegen sein. Das feine diplomatische Spiel will es, daß die Birmesen nicht auf Einladung der Asean, sondern „nur“ Thailands präsent sein werden, des Gastgebers der Veranstaltung. „Die Teilnahme Birmas ist sehr umstritten und hat Kritik aus den USA und anderen westlichen Ländern hervorgerufen“, sagt ein Diplomat in Bangkok.

Mit seinem Versprechen, Aung San Suu Kyi zu treffen, könnte die Führung in Rangoon sich erhoffen, Kritik an ihrer Menschenrechtspolitik abzuwehren, die ganz gewiß bei den Treffen in Bangkok erhoben werden wird. Khin Nyunt nutzt möglicherweise seine internationalen Kontakte mit Leuten wie dem US-amerikanischen Kongreßabgeordneten Bill Richardson – der im Februar dieses Jahres Aung San Suu Kyi besuchen durfte–, um seine eigene prekäre Position innerhalb der birmesischen Militärhierarchie zu festigen. „Er ist für diesen Job vom alten starken Mann, General Ne Win, persönlich handverlesen worden, der nun 83 Jahre alt ist und bald sterben wird. Er bereitet sich auf die Ära nach Ne Win vor“, sagt ein Beobachter.

Khin Nyunt hat außerhalb der ungeliebten Sicherheitspolizei keine Machtbasis innerhalb des Militärs, auf die er sich wirklich verlassen kann. Aber vielleicht gelingt es ihm, seine Position zu festigen, indem er sich konstant in der Diskussion hält und seine Kollegen zu Hause davon überzeugt, daß er der Mann ist, der mit der internationalen Gemeinschaft verhandeln kann. „Er ist kein birmesischer de Klerk“, sagt Aung Zaw, ein birmesischer Schriftsteller in Bangkok. Tatsächlich weist nichts darauf hin, daß Khin Nyunt das Format jenes südafrikanischen Politikers hat, der es vermochte, eine Brücke zwischen Regierung und Opposition zu schlagen, über alle Widerstände innerhalb der eigenen Reihen hinweg.

Bertil Lintner