Optimismus vor neuer Nahost-Runde

Nach dem Autonomie-Abkommen mit der PLO stehen jetzt israelische Friedensverhandlungen mit Jordanien und Syrien bevor / Positive Signale vor Christophers Ankunft  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Nach dem erfolgreichen Abschluß des Gaza-Jericho-Abkommens und der Übersiedlung von PLO-Chef Arafat in den Gaza-Streifen besteht weltweit der Eindruck, daß der israelisch-palästinensische Konflikt so gut wie beigelegt ist. Zumindest aber gilt er nicht mehr als die brennend aktuelle Ursache des Kriegszustandes, der seit 1948 zwischen Israel und den arabischen Staaten – mit Ausnahme Ägyptens – herrscht. Deswegen steht für die israelische Regierung jetzt auch nicht die Ausweitung der palästinensischen Autonomie auf die besetzte Westbank im Mittelpunkt der Fortführung des Friedensprozesses, sondern eine rasche Normalisierung des Verhältnisses zu Jordanien, Syrien und dem Libanon. Dabei nutzt Israel innerarabische Differenzen aus, um eine Art Wettlauf zwischen den beteiligten Staaten zu fördern, wer der erste „Friedenskandidat“ wird.

Der jordanische König hat seit der Unterzeichnung des Kairoer Abkommens zwischen der PLO und Israel ein besonderes Interesse an einer beschleunigten Lösung der Grenz- und Wasserprobleme mit Israel gezeigt. In weiteren Gesprächen sollen dann auch ökonomische Fragen erörtert werden. Die jordanische Regierung fühlt sich nämlich durch das Pariser Wirtschaftsabkommen zwischen Israel und den Palästinensern überfahren.

In einer im Juni in Washington mit Israel und den USA geschlossenen Übereinkunft hat sich Jordanien verpflichtet, die bilateralen Grenz- und Wasserfragen ab sofort vor Ort und nicht länger im State Department abzuwickeln. König Hussein mußte sich auch bereit erklären, öffentlich mit dem israelischen Ministerpräsidenten Jitzhak Rabin zusammenzutreffen und zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf Gespräche über die Zukunft der palästinensischen Flüchtlinge in Jordanien zu verzichten.

Möglichst schnell soll dagegen die Durchführung gemeinsamer Entwicklungsprojekte mit Beteiligung internationaler Konzerne auf die Tagesordnung kommen. Im Rahmen einer solchen Übereinkunft sind die USA bereit, jordanische Schulden in Höhe von fast einer Milliarde Dollar abzuschreiben.

So werden nun am kommenden Montag die Delegationen der beiden formell noch verfeindeten Nachbarstaaten erstmals offiziell an der israelisch-jordanischen Grenze bei Ein Evrona zusammentreffen. Damit soll der Weg zur Unterzeichung eines Friedensabkommens gebahnt werden. Ein Gipfeltreffen zwischen König Hussein und Rabin ist bereits für den 25. Juli geplant.

Die Verhandlungen sollen zwei Tage später kurz unterbrochen werden, weil am Mittwoch eine in Israel als „historisch“ bezeichnete Zusammenkunft der Außenminister der USA, Jordaniens und Israels auf jordanischem Boden stattfinden soll. Mehr oder minder prominente amtliche Vertreter Israels und Jordaniens hatten zwar jahrzehntelang Geheimkontakte gepflegt, aber ein solches, auch für die Medien zugängliches öffentliches Treffen gilt als bemerkenswertes Novum.

Für den US-amerikanischen Außenminister Warren Christopher, dessen politische Zukunft in der Clinton-Regierung jetzt von raschen Erfolgen abhängt, ist das Außenministertreffen am Toten Meer, das Fortschritte in den israelisch-jordanischen Verhandlungen symbolisieren soll, eine hochwillkommene photo opportunity. Christopher wird am Montag in Jerusalem eintreffen und bis Freitag auch Syrien, Ägypten und Jordanien besuchen.

Optimistisch dürfte den US-Außenminister auch eine als sensationell empfundene Erkärung des israelischen Außenministers Schimon Peres vom Donnerstag stimmen. Peres bestätigte darin ausdrücklich, daß Israel die syrische Souveränität über die annektierten Golan-Höhen anerkennt und ein Friedenskonzept auf der Grundlage der internationalen Grenzen akzeptiert, wenn seine Sicherheitsinteressen dabei gewahrt werden. Dies scheint die wichtigste der syrischen Vorbedingungen für den Beginn ernster Verhandlungen zu erfüllen. Mit seiner Bemerkung will der israelische Außenminister dem amerikanischen Kollegen bei seiner bisher wenig erfolgreichen Vermittlermission hilfreich unter die Arme greifen.

Jedenfalls stellt man in Jerusalem nun mit Nachdruck fest, daß es jetzt am syrischen Präsidenten Hafis el-Assad liegt, den entscheidenden Schritt zur Einleitung von Verhandlungen mit Israel zu tun.