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■ An Bertis HackenEgidius und die fehlende Monarchie

Aus, Schluß und vorbei - nichts läuft mehr! Seit gestern abend gibt es einen neuen Weltmeister und eigentlich keinen Grund mehr, sich (nicht nur) die Nächte am Fernsehgerät um die Ohren zu schlagen. Sogar der/dem an der Fußlümmelei nur mäßig interessierten LebenspartnerIn kann wieder die gewünschte Aufmerksamkeit gezollt werden. Das Leben nimmt wieder seinen gewohnten Lauf – zumindest bis zum Anpfiff der neuen Bundesligasaison.

Nun ja, ungewohnt war es irgendwie schon – jedenfalls für einen Mittzwanziger – das deutsche Nationalteam nicht in einem WM-Finale zu erleben. Doch selbst DFB-Präsident Egidius Braun hat eingesehen, daß auch andere Auswahlmannschaften durchaus in der Lage sind, recht ansehnlich gegen das runde Etwas zu treten. Berti Vogts ist also nach Präsidentenmeinung nicht schuld daran, was Fußballhistoriker dereinst das Bulgarien-Debakel von New York nennen werden. Berti Vogts bleibt Bundeskanzler, ähhh Bundespräsident... ich meine Bundestrainer. Die Einsicht, daß Deutschland nicht unbedingt immer die Nummer Eins sein muß, hat also eine gewisse Chance, auch in den kommenden Jahren Bestand zu haben. Solch institutionalisierte Bescheidenheit ist eigentlich ein Grund zum Jubeln. Zumal Berti als Nationalcoach für die Kabarettisten genauso interessant ist wie ein Regierungschef namens Kohl oder die Idee der Sozialdemokraten, Scharping zum Kanzlerkandidaten zu küren.

Doch Realsatire gibt es gemeinhin reichlich. Deshalb verhallen die Rufe nicht, die einen neuen, einen anderen, einen Nicht-ganz-so-Doofen auf diesem höchsten nationalen Trainerposten sehen wollen. Auch in alternativen, durchaus internationalistisch gesonnenen Kreisen nicht. Irgendwie sei es schon peinlich, daß dieser Mann im Ausland repräsentative Aufgaben wahrnehme, heißt es allenthalben. Und irgendwie wäre es ungewohnt, langweilig geradezu, wenn die deutsche Nationalmannschaft künftig nicht einmal die Qualifikation für die EM oder WM schaffen würde. Das Geschrei ist also groß nach jemandem, der dieses Dilemma beseitigen könnte. Der Name, der gerufen wird, ist schon lange nicht mehr zu überhören. Sie wollen den Kaiser. Diese Törichten – wissen sie denn nicht, daß die Monarchie längst gecancelt wurde? Max Schulz

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