Sparkurs nicht länger den Rechten überlassen

■ Die Hamburger GAL sieht in der Finanzkrise gute Chancen für grüne Sparpolitik / Kritik an Senatsplänen: „Defensiv, perspektivlos und hochgradig anti-politisch“

Stadtstaatsfinanzen sanieren? Staatsapparat auf Effizienz trimmen? Einige Realpolitiker der Hamburger Grünen haben sich jetzt mit kühler Analyse und konstruktivem Elan auf ein Feld gestürzt, das bislang hauptsächlich vom Senat sowie den Privatisierungsfreunden von CDU und FDP beackert wurde. Die Zeiten, in denen Grüne unentwegt die Erhöhung der Staatsausgaben forderten, sind offenkundig vorbei.

Willfried Maier, haushaltspolitischer Sprecher der grünen Bürgerschaftsfraktion, erläutert: „Wir werden zwar auch weiter fordern. Aber: Trotz aller Versäumnisse des Senats sind die von Hamburg selbständig zu erschließenden Quellen nicht überwältigend ergiebig. Verwischen wir diesen Umstand, dann würden wir in unserer Wählerschaft bittere Illusionen erzeugen, für die wir im Falle eines Falles vielleicht bitter zahlen müßten. Wir würden auch unserer Kritik an der öffentlichen Verschwendung, an der Ineffizienz und Leistungsschwäche von Bürokratien das Gewicht nehmen.“ Kein Wunder, daß Maier den Regierungs-Ansätzen zur Radikalreform der Verwaltung und zur Verlagerung der Finanzverantwortung auf die einzelnen Behörden durchaus etwas abgewinnen kann: „Krisenzeiten der öffentlichen Finanzen müssen für Reformen genutzt werden. Mit der Finanzkrise haben wir die Möglichkeit, die Modernisierung des Staates zu unserem Thema zu machen.“

Maier warnt, die Politthemen Filz, ineffizienter Staat und rückständige Verwaltung allein den Rechten zu überlassen: „Da geht es nur um Sparen am Sozialstaat, Steuersenkung und Privatisierung.“ Grüne Reformpolitik wolle dagegen die „unverzichtbare Modernisierung des Staates“ im Sinne einer „Nutzensteigerung“ für alle anpacken. Der Startvorteil einer grünen Reform liegt für Maier auf der Hand: „Wir werden weder durch unsere Wählerschaft noch durch Interessenfilz mit dem öffentlichen Dienst an echten Reformvorschlägen gehindert.“

Maier denkt dabei an Reformansätze, wie sie im holländischen Tillburg oder dem US-amerikanischen Phoenix bereits Wirklichkeit sind. Dabei steht am Beginn eine grundlegende Aufgabenkritik der Staatstätigkeit, die Lücken wie Überflüssiges benennt und sich dabei zuallererst des Sachverstandes der Betroffenen bedient. Als zweiter Schritt folgt dann die Einführung von Konkurrenz durch „Contracting out“ (Fremdbezug), z.B. durch Ausschreibungen, bei denen städtische Ämter mit Privatfirmen konkurrieren, wie es in Kürze bei der Reform des ÖPNV vorgeschrieben ist. Es sind aber auch Wettbewerbe zum Beispiel um den Betrieb von Kindertagesstätten denkbar.

Ohne radikale innere Reformen der Verwaltungseinheiten, kombiniert mit einer grundlegenden Modernisierung der Verfahren, insbesondere im Finanzbereich und im Personalwesen, so stellt sich dann schnell heraus, ist die Verwaltung nicht mehr konkurrenzfähig. Modernisierte Verwaltungen dagegen haben des öfteren bereits an Private verlorenes Terrain wiedergewinnen können.

Willfried Maier räumt ein, daß der Senat einige der wichtigsten Probleme bereits erkannt und erste Reformschritte eingeleitet hat. Er bezweifelt aber, ob die SPD wirklich zu einer echten Reform fähig ist. Der GAL-Finanzexperte Stephan Winters sekundiert: „Das defensive, perspektivlose und nicht ausreichende Sparprogramm ist hochgradig anti-politisch, indem es nur formal-juristische Abgrenzungen, aber keinerlei politische Prioritäten kennt.“ Es lebe „von der irrigen Vorstellung, ein Sparvolumen des geplanten Umfangs ließe sich ohne strukturelle Veränderungen schon irgendwie zusammenkratzen.“

Die Grünen wollen deshalb per Bürgerschaftsbeschluß erreichen, daß der Senat seinen Haushalts-planenturf 1995 nicht, wie üblich, allein an den Haushaltsausschuß überweist, sondern die jeweiligen Behördeneinzelpläne detailliert in den entsprechenden Fachausschüssen diskutiert werden. F. Marten