Verträge sind nicht einzuhalten

■ EU-Mitgliedschaft: Italien setzt Slowenien unter Druck

Triest (AP/taz) – Sie wollten über eine Verbesserung des Minderheitenschutzes in ihren Ländern beraten, die Regierungschefs der zehn Mitgliedsstaaten der Zentraleuropäischen Initiative CEI. Für Schlagzeilen sorgten dann jedoch die Ansprüche, die der größte unter den Zehn gegenüber einem der kleinsten erhob. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi forderte seinen slowenischen Amtskollegen Janez Drnovsek auf, das Eigentum der nach dem Zweiten Weltkrieg geflohenen 200.000 Italiener in den kommenden drei Monaten zurückzugeben. Ansonsten werde Italien die Beitrittsverhandlungen Sloweniens mit der EU blockieren.

Wie Ljubljana auf diese Form der mitteleuropäischen Kooperation reagierte, war zunächst unklar. So zitierte AFP einen Botschafter, der das italienische Vorgehen als „unfair“ bezeichnete. Sein Land brauche Zeit, das kommunistische Recht umzuwandeln und ausländischen Grundbesitz zu erlauben. Laut AP hat sich Slowenien bereits zur Zahlung von Entschädigungsleistungen bereiterklärt. Bei dem Streit geht es um Ländereien von Italienern aus Istrien, die während der Tito-Ära vertrieben und enteignet wurden.

Sollte Slowenien tatsächlich bereit sein, die Entschädigung zu leisten, hat die Regierung Berlusconi, erfolgreich einen 1975 geschlossenen Vertrag, der Grenz-und Besitzfragen zwischen Jugoslawien und Italien regelte, ausgehebelt. Bereits vor Wochen erklärte ein Abgeordneter der Neofaschisten, daß alle Verträge, die mit Jugoslawien geschlossen worden seien, mit der Auflösung des Balkanstaates ihre Gültigkeit verloren hätten. Zwar betonte Rom stets, es habe nicht die Absicht, Grenzen in Frage zu stellen, die Neofachisten meldeten jedoch wiederholt Ansprüche auf das istrische Gebiet in Slowenien und Kroatien an. Bei ihren Forderungen berufen sie sich auf „die Geschichte“: Unter Mussolini gehörte Istrien zu Italien, bereits 1953 hatte ein Konflikt um den Grenzverlauf nur durch die Teilung der Gemeinde Gorica beigelegt werden können.

Die Adriahalbinsel Istrien, als Touristengebiet bekannt und beliebt, könnte daher schon bald im Zentrum einer neuen Balkankrise stehen. Denn auch in Istrien selbst, und hier vor allem in seinem kroatischen Teil, gibt es Forderungen, die auf eine Veränderung des Status' der Region zielen. So fordert die populäre Demokratische Partei politische und wirtschaftliche Autonomie, nachgedacht wird über einen Zusammenschluß mit den italienischen und slowenischen Teilen zu einer „Euro-Region“. her