Kahlschlag in Mitte
: Die Bank ist tot. Es lebe die Bank!

■ taz-Serie (Teil 5): In der Jägerstraße sollen zwei historische Bankgebäude einem Neubau der Landesbank Berlin weichen / Bezirk prozessiert seit zwei Jahren

Emil Ebeling war kein großer Bankier. Und er hatte Pech. Den Neubau seines Bankgebäudes in der Jägerstraße 54 im Jahre 1885 erlebte er nicht mehr. Ebeling starb zwei Jahre zuvor. Das Bankhaus jedoch bestand weiter. Und blieb bescheiden. Als 1914 eine Erweiterung notwendig wurde, errichteten die Architekten Erdmann und Spindler in der Jägerstraße 55 ein fünfstöckiges Bürohaus. Vom Neoklassizismus und der frühen Moderne beeinflußt, ist es heute, so die Inventarisierungsliste des Denkmalschutzes in Mitte, „eines der wenigen erhaltenen kleinen Bankgebäude“ in Berlin. Die Gebäude Jägerstraße 54 und 55 stehen unter Denkmalschutz.

Die Landesbank Berlin (LBB), hervorgegangen aus Sparkasse und Berliner Bank, ist eine große Bank. Entsprechend muß ihr neuer repräsentativer Geschäftssitz ausfallen. Der auserkorene Ort: das alte und wohl neue Bankenviertel. Die Adresse: Jägerstraße 54 und 55. Abriß. Neubau. Den Bänkern des neuen Berlin ist das noch erhaltene Sitzungszimmer des alten Bankinstituts im Erdgeschoß der Jägerstraße 55 mit hölzernen Wandpaneelen offenbar nicht repräsentativ genug. Zum geplanten Neubau jedenfalls herrschte gestern in den alten Amtsstuben der LBB Funkstille.

Die beiden Gebäude des ehemaligen Bankhauses Ebeling sind zwei von 190 Gebäuden, denen im Bezirk Mitte der Abriß droht. Die Hälfte der Abrißanträge ist bereits genehmigt, im Falle der Jägerstraße jedoch ziehen sowohl das Bezirksamt als auch Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) an einem Strang. Die Landesbank dagegen zog vor Gericht. Ihre Begründung: Der Bezirk habe die Gebäude unzulässigerweise unter Schutz gestellt, eine Behauptung freilich, die Hassemer nicht teilt. Er bestätigte im nachhinein den Denkmalwert der Ebelingschen Bankbauten.

Seit zwei Jahren bereits währt der Rechtsstreit. Wie er ausgeht, ist ungewiß. Die Baustadträtin von Mitte, Dorothee Dubrau, gibt sich optimistisch. Schließlich könne ein denkmalgeschütztes Gebäude nur dann abgerissen werden, wenn es eine entsprechende Vereinbarung zwischen Investor und Stadtentwicklungsverwaltung gibt. Einen solchen Kontrakt gab es zuletzt in der Brückenstraße. Dort hatte der Investor versprochen, die Mieter eines denkmalgeschützten Gebäudes innerhalb des Geländes der ehemaligen Defa-Studiotechnik umzusetzen. Hassemer hatte daraufhin grünes Licht gegeben. Uwe Rada

Die Serie wird am Donnerstag fortgesetzt