Im 3. Gang Regierungschef

■ Höppner in den ersten beiden Wahlgängen nicht gewählt

Magdeburg (taz) – Während der Sitzung war sich Reinhard Höppner zeitweise weder der gewünschten Ablehnung durch die PDS noch der geschlossenen Unterstützung durch die eigene Koalition sicher. Beim ersten Durchgang der Ministerpräsidentenwahl im sachsen-anhaltinischen Landtag erhielt er gestern als Kandidat der rot-grünen Minderheitsregierung nur 40 Stimmen, dabei bringen die SPD mit 36 und die Bündnisgrünen mit 5 Abgeordneten aber rein rechnerisch 41 Stimmzettel in die Urne. Der christdemokratische Gegenkandidat Höppners, der bisherige Ministerpräsident Christoph Bergner, erhielt dagegen 38 Stimmen, obwohl seine CDU eigentlich nur 37 Abgeordnete im neuen Magdeburger Landtag hat. Die PDS machte offensichtlich ihre Ankündigung wahr, sich bei der Wahl des Ministerpräsidenten der Stimme zu enthalten. 17 Enthaltungen gab es im ersten Wahlgang, 4 der 21 PDS-Abgeordneten fehlten.

Die PDS unterstützte auch die CDU, ohne daß diese es ihr dankte. Mit PDS- Stimmen wurde der Christdemokrat Klaus Keitel zum Landtagspräsidenten gewählt. Mindestens 4 PDS-Abgeordnete stimmten für Keitel, 5 stimmten gegen ihn, und 8 enthielten sich der Stimme. CDU und die rot-grüne Koalition hatten Keitel ihre Stimme für das Amt des Landtagspräsidenten geschlossen gegeben. Die CDU zeigte sich jedoch undankbar. Der PDS steht zwar nach der Geschäftsordnung des Landtages das Amt der zweiten Vizepräsidentin zu, aber die PDS-Kandidatin Roswitha Stolfe paßte der Union dann wohl doch nicht in den Kram. Aber nicht nur die 36 CDU-Abgeordneten, sondern auch ein Mitglied der rot-grünen Koalition stimmten gegen Stolfe. Die PDS-Kandidatin erreichte knapp die erforderliche absolute Mehrheit. Auch sonst übte die CDU schon am ersten Tag die noch etwas ungewohnte Oppositionsrolle. Nachdem der bündnisgrüne Alterspräsident Hans-Jochen Tschiche seine Eröffnungsrede beendet hatte, verweigerten ihm die Christdemokraten demonstrativ den üblichen Applaus. Massiv wehrten sich die Christdemokraten gegen einen Wahlgang noch gestern nachmittag. Sie wollten erst heute zum zweiten Mal an die Urnen gehen.

Nach einer Auszeit und einer fieberhaften Beratung der Fraktionsvorsitzenden mit dem Landtagspräsidenten Klaus Keitel einigte man sich darauf, namentlich über einen sofortigen zweiten Wahlgang abzustimmen. Und in diesem Wahlgang zogen SPD, Bündnisgrüne und PDS endlich an dem insbesondere von der Bundes- CDU gefürchteten gemeinsamen Strang. Mit allen Stimmen votierten die Fraktionen für einen zweiten Wahlgang, lediglich die 37 CDU-Abgeordneten stimmten dagegen. In diesem Wahlgang erhielt Höppner 45 Stimmen, Bergner diesmal 37 Stimmen, und 13 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Die Weihen des Ministerpräsidenten wird Höppner deshalb erst im dritten Wahlgang bekommen. Zu Redaktionsschluß stand noch nicht fest, ob er noch am Abend oder erst heute morgen erfolgt. In diesem Wahlgang reicht die einfache Mehrheit. Heute will Höppner, sofern er gewählt ist, sein Kabinett vorstellen. Eberhard Löblich