Verlobte unter amtlichem Beschuß

■ Keine Heirat bei unerlaubtem Aufenthalt in Deutschland

Bevor das Ausländergesetz 91 am 1.1. 1991 in Kraft trat, war es auch Ausländern, die sich hier ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung aufhielten, möglich, vor dem deutschen Standesamt die Ehe zu schließen und anschließend die Aufenthaltserlaubnis zu beantragen, vorausgesetzt der Ehegatte war Deutscher oder er hielt sich jedenfalls hier erlaubt auf. Es war manchmal ein Wettlauf mit der Zeit – aber es war möglich.

Nach der neuen ausländerrechtlichen Regelung müssen sich hier unerlaubt aufhaltende Ausländer auch nach einer Eheschließung mit einem deutschen Partner Deutschland verlassen und den Rechtsanspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Familienzusammenführung aus dem Heimatland geltend machen, also zur dortigen deutschen Botschaft gehen, um einen Visumantrag zu stellen – ein teures und oft langwieriges Unternehmen –, und das, obwohl ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in der Regel besteht.

Seit einiger Zeit ist nun zu beobachten, daß die Behörden bei diesem Personenkreis der sogenannten Illegalen versuchen, die Eheschließung in Deutschland zu verhindern, und zwar oft mit Erfolg. Das bedeutet dann, daß ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nicht entsteht und der Ausländer in seine Heimat abgeschoben werden kann. Natürlich kann der oder die deutsche Verlobte hinterherreisen und die Ehe im Ausland schließen – mit der Wirkung, daß letztlich doch wieder ein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland besteht. Doch dieses Verfahren ist natürlich teurer und kostet oftmals Zeit und Nerven.

Gehört hatte der Verband bi- nationaler Familien und Partnerschaften (IAF) schon seit längerem von den Schwierigkeiten, die das Frankfurter Standesamt, in Zusammenarbeit mit dem Ausländeramt, bei solchen Eheschließungen macht. Vor einigen Wochen kam dann eine deutsche Frau in die Beratung der IAF, der folgendes widerfahren war: Ihr ausländischer Verlobter hielt sich ohne die erforderliche Aufenthaltserlaubnis in Deutschland auf, es bestand wohl auch schon eine Ausweisungsverfügung. Beide beschlossen, nach längerem Zusammenleben zu heiraten und dann die Papiere des Mannes in Ordnung zu bringen. Sie schafften es bis zum Aufgebotstermin, dann war es erst einmal vorbei mit dem Traum vom glücklichen Eheleben.

Nachdem die beiden zahlreiche Papiere, die in Deutschland für eine Eheschließung nötig sind, der Standesbeamtin vorlegten, ging diese mal eben kurz telefonieren. Sie hatte nämlich im ausländischen Paß des Verlobten keinen gültigen Auenthaltstitel feststellen können und benachrichtigte das Ausländeramt davon.

Mitten in der Aufgebotsverhandlung ging dann kurze Zeit später plötzlich die Tür auf, und Vollzugsbeamte erschienen, die den ausländischen Verlobten sofort festnahmen, zum Flughafen brachten und in eine Maschine setzten, die kurz darauf in sein Heimatland flog.

Auf die Bitten der Verlobten, jedenfalls die Aufgebotsbestellung beenden zu dürfen, reagierten sowohl die Standesbeamtin als auch die Vollzugsbeamten unwirsch und verweigerten dies. So jedenfalls hat es die Frau erlebt.

Während der Sprechstunde beim IAF war sie immer noch geschockt von dem Erlebnis im Standesamt, das sie wie einen Überfall erlebt hatte.

Sie wird nun also ohne ihre Familie und Freunde in der Heimat ihres Verlobten heiraten, die Abschiebekosten für den Ehemann an den Staat zurückzahlen müssen, ehe diesem der Aufenthalt und damit dem Ehepaar das eheliche Zusammenleben in Deutschland gestattet werden wird.

Das Standesamt, auf den Fall angesprochen, beruft sich bei dieser Eheschließungsverhinderungstaktik auf den § 76 des Ausländergesetzes, wonach es die Ausländerbehörde unverzüglich zu unterrichten habe, wenn es von dem unerlaubten Aufenthalt eines Ausländers Kenntnis erhalte. Ob das aber heißen muß, daß selbst eine schon begonnene Aufgebotsverhandlung nicht zu Ende geführt werden kann, erscheint im Lichte des Artikel 6 unserer Verfassung, der Ehe und Familie unter seinen besonderen Schutz stellt, vorsichtig gesprochen als fraglich – unmenschlich ist es sicherlich. Katrin Saage-Fain