Haft für das Magdeburger Himmelfahrtskommando

■ Rechtsradikale nach Menschenjagd verurteilt

Magdeburg (taz) – Im ersten Prozeß nach den ausländerfeindlichen Krawallen am Himmelfahrtstag hat das Magdeburger Amtsgericht gegen die drei Angeklagten Jugendstrafen zwischen zwei und dreieinhalb Jahren verhängt. Für zwei der Angeklagten ordnete das Gericht außerdem die Fortdauer der Untersuchungshaft bis zum Beginn der Strafverbüßung an. Mit dem Strafmaß für die 19- beziehungsweise 20jährigen Angeklagten ging die Kammer weit über die von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafen zwischen 17 Monaten und zweieinhalb Jahren hinaus. Die Verteidiger hatten Freispruch gefordert und legten Berufung ein.

Am Himmelfahrtstag „herrschten kriegsähnliche Zustände“ in Magdeburg, sagte die Vorsitzende Richterin Evelyn Majstrak. Sie ging in ihrer Urteilsbegründung auch auf die Folgen der Krawalle für die Opfer ein. Ein türkischer Zeuge habe seinen Wohnsitz und seine berufliche Tätigkeit nach Hamburg verlegt, weil er sich nicht mehr in der Lage sah, weiterhin in Magdeburg zu leben und zu arbeiten. „Die Asylbewerber trauen sich nur noch in größeren Gruppen in die Innenstadt, wenn sie ihre Unterkunft überhaupt noch verlassen.“

Alle drei Angeklagten seien an der Menschenjagd beteiligt gewesen. Man habe geplant, aus Rache Ausländer „aufzuklatschen“, weil sich die Hooligans zwei Wochen zuvor bei einem Fußballspiel von Ausländern provoziert gefühlt hätten. Der Überfall auf die „Marietta-Bar“ sei spontan erfolgt, nachdem sich einige der gejagten Afrikaner dorthin geflüchtet hatten.

Mehrere Zeugen hätten den 19jährigen Stefan W. als einen der Rädelsführer bezeichnet. Nur ihm konnte tatsächlich eine persönlich begangene Körperverletzung nachgewiesen werden, räumte die Richterin ein. Aber, so ihre Urteilsbegründung, „auch eine solche Menschenhatz muß als Körperverletzung betrachtet werden“. Stefan W. muß drei Jahre in Haft. Der 20jährige Steve A. wurde unter Einbeziehung einer früheren Bewährungsstrafe zu dreieinhalb Jahren verurteilt, der ebenfalls 20jährige Marco D. zu zwei Jahren.

Kritik übte die Richterin an der Polizei, die während der Krawalle zwei der drei Angeklagten festgehalten hatte, aber nach kurzer Zeit wieder laufen ließ. Zumindest Steve A. hatte danach weiter randaliert. Gegen 15 Polizeibeamte wird noch ermittelt, gegen bisher 14 Hooligans ist Anklage erhoben. Eberhard Löblich