Die Konserve schwebt frei im Karton

■ Die CD in kunststoffreier Verpackung, mit Anfaßqualität: „Für mehr Sinnlichkeit“

Die Vorteile liegen ja quasi auf und in der Hand: Sie ist leichter. Sie ist garantiert wasserfest, man kann also problemlos ein Weinglas auf ihr abstellen. Sie bekommt keine Kratzer, und wenn sie auf den Boden fällt, dann ist die Hülle nicht kaputt, sondern hat vielleicht gerade mal eine Delle. Die Rede ist von der neuen kunststoffreien CD-Verpackung, in der die Bremer Medienfirma JARO GmbH ihre beiden Sommerproduktionen jetzt auf den Markt bringt. Dort jedoch lobt man vor allem die Anfaßqualitäten des Pappe-Päckchens; die „gesteigerte Sinnlichkeit“ für die CD-KäuferInnen, weiß JARO-Promoter Uwe Kerkau anzupreisen. „Nein, Ökos sind wir nicht.“

Im Hause JARO schreibt man sich die Verbreitung der neuen Hülle vor allem auf das Etikett der corporate identity. Man bevorzugt sowieso ungewöhnliche musikalische Cross-over-Scheiben und hat überhaupt dem „Schallmüll“ den Kampf angesagt. Da paßt der Blickfänger aus reiner Pappe ganz gut ins Konzept: „Du machst deinen Produkten so eine individuelle Gestaltung, weil du drauf stehst, und weil du natürlich mehr Aufmerksamkeit erheischen kannst. So ein Ding fällt doch auf.“ In der Tonträger-Massenproduktion aber werde sich die kunststoffreie Verpackung nicht durchsetzen lassen, meint Kerkau.

Das sieht man im Hersteller- und Entwicklerhaus Europa Carton Bremen-Frankfurt allerdings anders. In der Tat habe man sich vor einem Jahr, als das neu patentierte Produkt erstmals vorgestellt wurde, unter anderem auch an JARO-Medien gewandt. War doch deren Engagement in Sachen innovativem CD-Design hinlänglich bekannt. Man habe sich bislang mit kleineren Einzelaufträgen, mit 5.000ern bis 10.000ern-Auflagen durchgeschlagen. Doch im Moment ist der Lizenzvertrag „mit einem der größten Musikverlage in Deutschland“ – der Name dürfe nicht genannt werden, so Marketingleiter Gert Schröder – unterschrieben. Und auch aus den USA ist bereits größeres Interesse vermeldet.

Dort saß und sitzt der härteste Konkurrent der Papp-Hülle, der Digi-Pack, die Mischung aus Pappe-Kleid und Kunststoffhalterung. Diese hatte bislang den größten Trumpf in der Hand, daß die CD nicht vernünftig in der Hülle habe arretiert werden können. CD-Verpackung, die Neue, löst dieses Problem, indem sie die Scheibe auf zwei kleinen Polstern fest und sicher schwebend einklemmt. „Das scheuert nicht, und die CD kann reibungslos rausgenommen werden“ (Gert Schröder). Eingesetzt werden muß sie im Hause Europa Carton bislang noch manuell; halb- und vollautomatische Geräte hierfür sind konstruiert, aber noch nicht gebaut. Man wartet Großaufträge ab.

Noch zahlt JARO-Medien also eine Mark fünfzig mehr für die Herstellung, fängt das aber intern auf und bewirbt sich gerade – aus rein betriebswirtschaftlichen Gründen – für den Umweltpreis (!) für AnwenderInnen bei der bundesweiten „Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer“. Promoter Uwe Kerkau: „Wir behalten uns natürlich auch künftig vor, den einen oder anderen Künstler anders zu verpacken.“ Der Markt erfordert in seinen Augen eben mehr Emotion und Lebensgefühl, Sinnlichkeit, wie bereits erwähnt. „Wie leise könnte es doch in den CD-Läden sein, wenn endlich dieses permanente klack, klack, klack wegfällt.“

sip