Merkwürdig männlich

■ betr.: „Wundersame Männerlosig keit“, taz vom 30.6.94

Ach so wundersam scheint ihr Verschwinden dann doch nicht; es hat niemals stattgefunden.

Sich mit profanen Behauptungen einer metaphysischen Diagnostik anzunähern, vielleicht kann das nur in die Hose gehen. Vielleicht ist das aber auch der Ort des Geschehens, den Sloterdijk vernachlässigt.

Was Wunder, wenn die Menschheitsgeschichte – „die Köpfe werden merkwürdig groß, die Häute merkwürdig dünn, die Frauen merkwürdig schön (...)“ – so merkwürdig männlich ist, daß dann am Schluß die Männerlosigkeit sich mit dem idealisierten Frauenbild paart.

Komisch, daß wer vom Werfen und Treffen redet, sich so ausschweigt über die gegenwärtige Gesellschaft des Wegwerfens samt finalem Rettungsschuß. Der alte Jäger, „der Hordenaußenpolitik macht“, könnte doch auch der Körperpanzer sein, der ab-stößt, ver-wirft, was sich nicht eingliedern läßt. Das „falsche bisherige Etwas“, das vernichtet werden muß, zum Nichts gemacht durch den Volltreffer, ist ja nicht Opfer von irgend etwas Neutralem, sondern von Männern wie dem Hannoverschen Polzisten, der den 16jährigen, verbotenen, fremden Plakatkleber erschießt.

Die 50 Kugeln von Bad Kleinen sind doch nicht das Zufallsprodukt einer paläoanthropologischen Überlieferung!

Wo Geschosse ent-weichen, wenn's hart auf hart kommt, da geht es, denk ich – in Wirklichkeit – um mehr als cineastische Symboltracht.

Der Übergang zu Sloterdijks „protestantischem Madonnenbild“ ist mir in Zeiten patriarchalen Agierens, insbesondere Zusammenfügens, von der Festung Europa bis zur psychologischen Behandlung des GSG-9-Beamten „Nr. 3“, nicht ganz verständlich.

Der Phallozentrismus als dialektisches Bindeglied zwischen Über- und Untergang? [...] Jens Petz, Senden