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Jeder Bremer - zwei Tonnen CO2 sstoß

■ Bremer Landesenergieprogramm: Die großen Ziele der CO2-Minderung beim Stadtwerke-Verkauf

Ca. 13,8 Millionen Tonnen CO2 werden jährlich für den Energieverbrauch unseres zivilisierten Lebens in Bremen in die Luft geblasen, das sind über zwei Tonnen pro Nase. Seit 1981 werden die Imformationen gesammelt, aus denen sich der Gesamt-CO2-Ausstoß errechnen läßt - eine Einsparung hat es seit dieser Zeit nicht gegeben. Daß das nicht so weitergehen kann, zeigen die Ozon-Warnungen in diesen Tagen. Wie schwer es ist, eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu erreichen, hat die Bremer Energieleitstelle beim Umweltsenator in einem „Landesenergieprogramm 1994“ dargestellt: auf 100 Seiten wird dort der Energie-Verbrauch analysiert, um die praktischen Strategien zur Reduzierung zu erklären.

Auf einen Schlag wäre beinahe die Luft über Bremen erheblich sauberer geworden: 44 Prozent des CO2-Ausstoßes verursacht allein die Klöckner-Hütte. Um der Arbeitsplätze willen wurde die Hütte aber gerettet.

Einen anderen Weg, die CO2-Belastung im großen Stil zu reduzieren, wäre der Umstieg auf Atomenergie. Das wird in Bremen aber aufgrund der anderweitigen Risiken abgelehnt. Die vorwiegende Art der Energiegewinnung der Stadtwerke, nämlich die Kohleverstromung, ist dagegen die dreckigste: Knapp 1 Kilo CO2 wird bei der Produktion von einer Kilowattstunde freigesetzt. Schon bei der Verbrennung von Erdgas oder Heizöl liegen die CO2-Werte um ein mehrfaches darunter. Für 25 Prozent der Bremer CO2-Verdreckung der Luft ist die Stromproduktion verantwortlich.

Die naheliegende Alternative, auf Salar-Energie umzusteigen, ist bisher noch nicht wirtschaftlich, vor allem in nördlichen Regionen - es sei denn, über eine „Energiesteuer“ würden die „Kosten“ der Luftverdreckung den Verursachern auferlegt. Das würde auch für die Mineralölsteuer gelten (17 Prozent Anteil am CO2-Ausstoß mit kontinuierlich steigender Tendenz). Da dies in Bonn von CDU wie SPD unisono abgelehnt wird, muß die regionale Energiepolitik sich auf kleinere Projekte werfen.

Da die einzelne VerbraucherIn nicht weiß, wieviel zum Beispiel einmal Duschen oder ein „stand-by“-Fernseher kostet, machen die Stadtwerke jetzt Werbe-Aktionen wie: „Unsere Energieprofis duschen mit Ihnen“.Eine Möglichkeit, ökologisch sinnvoll Strom zu produzieren, hatte Bremen mit seinem Weserwehr-Wasserkraftwerk. Das wurde vor Jahren abgerissen. Gegen erhebliche Trägheiten versucht die Umweltbehörde, den Neubau eines Weserkraftwerkes zu betreiben. Stadtwerke-Vorstand Willipinski meinte kürzlich, mit den 100 Millionen, die der Neubau kosten würde, sollte man besser andere Energie-Sparvorhaben finanzieren. Der Umweltsenator hat darauf bestanden, daß das Projekt Wasserkraftwerk mit in das Verhandlungspaket beim Verkauf der Stadtwerke aufgenommen wird.

Erhebliche Energie-Einsparpotentiale gibt es insbesondere bei der Heizenergie: In den 60er Jahren gebaute Häuser verbrauchen doppelt soviel Heizenergie wie nach heutigen Bau-Standards erforderlich wäre. Die Gebäude der öffentlichen Verwaltung sind, was ihre Wärme-Versorgung betrifft, beinahe ein Skandal.

Auch durch die Nutzung der Abwärme in den Kraftwerken für Heizzwecke könnte erheblich der CO2-Ausstoß vermindert werden. Bisher macht der Fernwärme-Anteil am Wärme-Energieverbrauch in Bremen nur bescheidene 12 Prozent aus. Die Stadtwerke scheuten größere Investitionen. Kostenkontrollen haben jetzt ergeben, daß die Stadtwerke mit völlig überholten und überzogenen Leitungsbau-Kosten gerechnet hatten. Jetzt soll deshalb eine Fernwärme-Leitung vom Kraftwerk Hafen bis schließlich in die City gebaut werden. Da die Bremer Müllverbrennungs-Anlage 1997 nicht abgeschaltet wird, bestehen auch für die Fernwärme-Versorgung im Bremer Universitätsbereich keine Probleme.

Ganz neue Energiespar-Potentiale will die Energieleitstelle im industriellen Bereich erschließen. Traditionell wehren sich die Stromproduzenten dagegen, daß kleinere Produktionsanlagen ihren Überschuß ins öffentliche Netz einspeisen können. Für die Windenergieanlagen mußte deswegen per Bundesgesetzgebung ein Abnahe-Preis festgelegt werden, der diese umweltfreundliche Stromproduktions-Methode wirtschaftlich ermöglicht. Ähnliche Energiezulieferer könnten die Bremer Stadtwerke in verschiedenen Industriebetrieben finden, die die Wärme aus ihren eigenen Prozessen bisher in den Schornstein blasen oder Potentiale von Stromproduktion nicht nutzen. Die Stadtwerke sind durch das Bremer Energiegesetz seit 1991 verpflichtet, solchen Strom für 11-12 Pfennig pro kWh abzunehmen. Bei der Norddeutschen Steingut wurde 1992 eine 1 MW Anlage erstellt, deren Wärmeausbeute zum Trocknen der keramischen Rohmassen genutzt wird, der Strom geht derweil weitgehend ins Netz - erspart 3.800 Tonnen CO2 im Jahr. Weitaus größere Dimensionen soll ein Projekt mit Jacobs-Suchard bringen.

Das Bremer Umweltressort setzt darauf, daß in den derzeitigen Verkaufsverhandlungen von Stadtwerke-Anteilen auch wesentliche Elemente einer neuen Emergiepolitik festgeschrieben werden können. Das fertig vorliegende Landesenergieprogramm wurde im März, als der Senat noch auf einen schnellen Verhandlungsabschluß setzt, nicht öffentlich gemacht. Warum? „Weil wir meinen, daß wir in dieser Situation das jetzt nicht machen sollten und auchg hier eine Diskussion darüber nicht führen sollten“, erklärte Wedemeier in der Bürgerschaft am 18.5. Er fürchtete offenbar, die Verkaufsverhandlungen mit den bremischen Vorstellungen von Landesenergiepolitik zu belasten. K.W.

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