Ruanda-Flüchtlinge wollen in Zaire bleiben

■ Keine massive Rückkehr nach Grenzöffnung / Internationale Hilfe ausgeweitet / UNHCR sucht weiter 60.000 Latrinen

Goma/Bonn (AFP/AP) – Der Rückkehrwille der ruandischen Flüchtlinge aus Zaire ist nicht so groß, wie es die internationalen Organisationen erhofften. Nachdem die zairischen Grenzposten am Sonntag abend die Grenze geöffnet hatten, gingen zwar in der ersten Stunde über 2.000 Menschen nach Ruanda zurück. Danach waren es aber nur noch kleinere Grüppchen. Bis gestern wurden 3.000 Rückkehrer verzeichnet. Ein zairischer Beamter, Jean Musoka, sagte, er rechne damit, daß die meisten Flüchtlinge noch ein bis zwei Jahre in den Lagern bleiben würden.

Heute will die UNO entlang der ruandisch-zairischen Grenze rund 15 Beobachter stationieren. Dadurch solle die Rückkehr der Flüchtlinge aus Zaire erleichtert werden, sagte der Kommandeur der UN-Mission in Ruanda (UNAMIR), Romeo Dallaire, im ruandischen Gisenyi. Die Beobachter sollen am Grenzposten zwischen Gisenyi und Goma Stellung beziehen. In der von den Franzosen eingerichteten Sicherheitszone im Südwesten Ruandas sollen am Sonntag erste UNAMIR-Soldaten stationiert werden.

Für die gut eine Million Menschen, die sich in den Flüchtlingslagern in Goma befinden, lief derweil die internationale Hilfsaktion auf Hochtouren an. In den Lagern sind in den letzten Tagen etwa 11.000 Menschen gestorben. Täglich stürben weitere 3.000, sagte gestern die Sprecherin der Organisation Médecins Sans Frontières, Isabelle Pardieu. Nach Angaben des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) sind in der Region alle ausgehobenen Massengräber voll. UNHCR-Sprecher Ray Wilkinson bezeichnete die Lage aber als nicht mehr ganz so hoffnungslos wie vor einigen Tagen. Auf dem Flughafen in Goma wurden gestern 30 Hilfsflüge erwartet, elf mehr als am Sonntag; über Land war ein Konvoi mit 540 Tonnen Lebensmitteln und Medikamenten nach Goma unterwegs. Die UNO will aber keine Luftabwürfe der US-Streitkräfte mehr anfordern, nachdem der erste Abwurf am Sonntag schiefgegangen war (siehe unten).

Die Bundesregierung hat ihre Hilfe für Ruanda auf 100 Millionen Mark verdoppelt und will sich auf die Trinkwasserversorgung und die Abwasserbeseitigung konzentrieren. Von Israel aus wurde ein Feldlazarett mit 120 Betten und einer Operationsabteilung auf den Weg nach Goma geschickt. Die australische Regierung kündigte die Entsendung einer 300 Mitarbeiter umfassenden Gruppe von Ärzten und Krankenpflegepersonal nach Ruanda an. Es stand zunächst noch nicht fest, ob sie in Kigali oder in einem der Flüchtlingslager in Zaire eingesetzt werden sollen. Taiwan versprach Hilfe von zwei Millionen Dollar. Noch nicht geklärt war allerdings das Problem der fehlenden sanitären Anlagen. Es würden Zehntausende Latrinen benötigt, sagte Wilkinson. Bisher habe sich noch kein Staat gefunden, der sie zur Verfügung stellen wolle.

Ruandas Regierung will die USA noch in dieser Woche auffordern, den Ausgangspunkt für die Hilfsaktionen für die ruandischen Flüchtlinge von Uganda in die ruandische Hauptstadt Kigali zu verlegen. Es sei Zeit, daß die Hilfsaktionen von Ruanda aus geführt würden, sagte Präsident Pasteur Bizimungu am Montag vor seiner Abreise zu einem Treffen mit Zaires Staatschef Mobutu auf Mauritius.