„Jede Stunde kostet Menschenleben“

■ Ferienzeit dämpft Hilfsbereitschaft für die Flüchtlinge aus Ruanda / Spendenmißbrauch bleibt ausgeschlossen

Berlin (taz) – Angesichts der Katastrophe in Goma rufen deutsche Hilfsorganisationen zu Spenden auf. „Jede Stunde, die wir verlieren, kostet Menschenleben“, sagte Klaus Nöldner von Care Deutschland gestern in Bonn. Care plant ein Sofortprogramm für die Flüchtlinge aus Ruanda. 2.500 junge Mediziner sollen sich freiwillig für einen 14tägigen Einsatz in den Flüchtlingscamps in Ost-Zaire melden. Für die Charterflüge hat Care eine Millionen Mark zugesichert. Die Pharmaindustrie soll kostenlos oder zu Mindestpreisen Medikamente zur Verfügung stellen. Care hofft, daß auch die Bundeswehr zweihundert Hilfskräfte in das Katastrophengebiet schickt. Die Soldaten sollen Zelte für die Ärzte aufstellen. Noch hat die Hardthöhe nicht zugesagt. Sowohl das Technische Hilfswerk als auch das Rote Kreuz errichten in den nächsten Tagen Aufbereitungsanlagen für Trinkwasser in Goma.

Vor allem die medizinische Versorgung sei die Voraussetzung, daß viele der Flüchtlinge wieder zurück in ihre Heimat gehen, sagte der Sprecher der UNO-Flüchtlingshilfe, Stefan Telöken. In Ruanda stehen die Felder kurz vor der Ernte. Doch die Menschen sind zu krank und schwach, sie einzuholen.

Im Fall Ruandas können die SpenderInnen von einer seriösen Verwendung ihrer Gelder ausgehen. Lutz Worch vom Deutschen Zentralalinstitut für Soziale Fragen (DZI) in Berlin geht davon aus, daß bei solchen Dimensionen nur die großen erfahrenen Hilfsorganisationen tätig werden. Das als Spenden-TÜV agierende DZI bestätigt, daß ein Mißbrauch der Spenden ausgeschlossen sei. Bei den weltlichen Organisationen würden 80 Prozent der Gelder konkret am Ort ausgegeben. Den Rest schluckt die Logistik. Kirchliche Hilfsgruppen wie Caritas können sogar eine Effizienz von 90 Prozent erreichen, weil mehr Ehrenamtliche mitarbeiten.

Zur Zeit ist eine eher bescheidene Spendenbereitschaft für die Flüchtlinge zu beobachten. Lutz Worch geht davon aus, daß die wirtschaftliche Lage und die Urlaubszeit dafür verantwortlich sind. „Außerdem lösen die Bilder des Schreckens eine Art innere Blockade aus.“ Dieses Phänomen sei schon bei der Flutkatastrphe in Bangladesch aufgetreten. Für rund zwei Millionen Flüchtlinge aus Ruanda hat die UNO bisher nur 1,2 Millionen Mark sammeln können. Das sind 60 Pfennig pro Person. Bei der taz-Aktion für den einen „guten Polizisten“ kamen 17.000 Mark zusammen. Sven Christian