„Leben“ – China als Melodram

Einem nicht ganz uneinsichtigen Kalkül folgend hat Zhang Yimou beschlossen, dem schweren Geschichtskino seiner Klassenkameraden Kaige und Zhuangzhuang mit einer Picareske zu begegnen, einer chinesischen Version vom braven Soldaten Schwejk und seiner Frau und seinen Kindern. Wie Stehaufmännchen, mit denen er gern vor einem bäuerlichen Publikum spielt, stecken er und seine Frau mit zusammengebissenen Zähnen den Verlust des väterlichen Hauses im Glücksspiel, Kriegswirren, die Kulturrevolution, den Terror der Roten Garden, die Stummheit der Tochter, ihren Tod im Kindbett und den Tod des kleinen Sohnes weg, der von einer Mauer zerdrückt wird. Private und poltische Katastrophen wiegen in „Leben“ gleichviel. Gedreht in den Studios von Chang Chun wirkt der Film artifiziell wie ein Kammerspiel; man hat den Eindruck, da hat sich jemand am Schopf der einfachen Leute aus dem Sumpf der Intellektuellen ziehen wollen – und es nicht geschafft. mn