piwik no script img

„Leben“ – China als Melodram

Einem nicht ganz uneinsichtigen Kalkül folgend hat Zhang Yimou beschlossen, dem schweren Geschichtskino seiner Klassenkameraden Kaige und Zhuangzhuang mit einer Picareske zu begegnen, einer chinesischen Version vom braven Soldaten Schwejk und seiner Frau und seinen Kindern. Wie Stehaufmännchen, mit denen er gern vor einem bäuerlichen Publikum spielt, stecken er und seine Frau mit zusammengebissenen Zähnen den Verlust des väterlichen Hauses im Glücksspiel, Kriegswirren, die Kulturrevolution, den Terror der Roten Garden, die Stummheit der Tochter, ihren Tod im Kindbett und den Tod des kleinen Sohnes weg, der von einer Mauer zerdrückt wird. Private und poltische Katastrophen wiegen in „Leben“ gleichviel. Gedreht in den Studios von Chang Chun wirkt der Film artifiziell wie ein Kammerspiel; man hat den Eindruck, da hat sich jemand am Schopf der einfachen Leute aus dem Sumpf der Intellektuellen ziehen wollen – und es nicht geschafft. mn

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen