Immer nur „ich, ich, ich“

■ Eine Botschaft fehlt der Bremen-Werbung, findet Werbedesigner Böning

Eigentlich will der Werbestratege Helmut Böning die KollegInnen, die die Bremen-Kampagne entworfen haben, nicht schlecht machen. Aber dann sagte er der taz doch ein bißchen was. Zur Person: Böning entwarf nicht nur die Niedersachsen-Kampagne, sondern auch die Kinoreklame für die Gelben Seiten und die Telekom-Reklame „Ruf doch mal an“.

Bremen hat laut Umfrage einen Null-Ruf: also nicht mal einen schlechten, sondern gar keinen. Erst wenn man gräbt, kommen Bilder hoch wie „hanseatisch, Kaufmann, verläßlich...“ Der Senat will nun an genau diesem biederen Bild anknüpfen und so weitermachen – ist das sinnvoll?

Helmut Böning: Ich glaube absolut nicht, daß das erfolgversprechend ist. Werbung muß sich im Vorfeld überlegen, was denn überhaupt eine Problemlösung ist. Und ich nehme doch an, daß Bremen letztlich das Interesse hat, Standortwerbung zu machen...

...also Firmen herzulocken...

Genau. Wenn man dann aber immer nur aus der Sicht des Landes berichtet, vermittelt das kein Versprechen, aus dem die Zielgruppe für sich einen Vorteil ableiten kann.

Das Schlüsselloch-Motiv mit dem Bremer Haus und dem Satz: „Bremer wohnen seit jeher gern im eigenen Haus“ – das ist für Sie die reine Ich-Perspektive ohne Versprechen?

Richtig. Das ist auch rein deskriptiv. Werbung muß eigentlich zu einer Auseinandersetzung führen. Wenn ich Images im Grunde nur eins zu eins zurückspiele, wie soll da eine Auseinandersetzung stattfinden? Das ist doch ein einfaches Prinzip von Kommunikation: Unterhalten Sie sich mit Menschen über das, was die Menschen eh kennen, und bestätigen Sie ihre Vorstellungen davon noch, kann überhaupt keine Auseinandersetzung stattfinden. Was aber das Land Bremen braucht, ist ein Image-Shift, eine Veränderung des Images.

Man sollte also mit Verblüffung arbeiten – so wie beim Ruhrgebiet: Ach, daß das Ruhrgebiet so grün und Bremen so modern ist, hätten wir gar nicht gedacht.

Denken Sie an eine Institution wie die Post, die ein Imagedefizit hat im Sinne von „verbeamtet, Behörde, unflexibel“. Wenn ich dort mit solchen Stilmitteln arbeite wie Humor und Charme, erreiche ich schon mal, daß man denkt: Hoppla, die sind ja beweglicher im Kopf und pfiffiger, als man so denkt. Damit transportiere ich schon mal eine Charaktereigenschaft.

Hochgelobt wurde ja das Niedersachsenmotiv mit dem Schwarzen im Ostfriesennerz unter der Überschrift: „Von ganz unten bis weit nach oben: eine niedersächsische Karriere“. Das war der Ghanaer Kofi Essel, der als Mathelehrer an einer ostfriesischen Hauptschule offenbar mehr für die interkulturelle Zusammenarbeit tut, als mancher Kongreß. Haben Sie denn eine Idee, mit was man in Bremen verblüffen könnte?

Das kann ich nicht beurteilen. Wir sind ja auch bei Niedersachsen sehr sehr stark in die Recherche reingegangen, wir haben das Land so gut es ging durchgekrempelt, um Dinge zu finden, die einem Außenstehenden vielleicht sogar eher auffallen, weil die Innensicht doch die eine oder andere Scheuklappe zur Folge hat.

Bremen hat dagegen nur auf die gängigen Motive Roland, Werder, Fallturm zurückgegriffen. Ein Tip, in welche Richtung sollte Bremen-Werbung gehen - mehr protzen, moderner werden?

Bremen sollte zunächst mal eine eigenständige Kernaussage finden, mit der sich die Leute auseinandersetzen können und die vor allem ein Angebot macht.

Sehrdezent ausgedrückt.

Gespräch: Christine Holch