Bahn nimmt Thyssen im Frachtgeschäft mit

Defizitäres Stückgutgeschäft wird mit Thyssen-Tochter Haniel Logistik GmbH zusammengelegt / Thyssen-Leute übernehmen kaufmännische Führung / BahnTrans winken Gewinne  ■ Von Lorenz Redicker

Berlin (taz) – Erfolgreiche Partnersuche bei der Deutschen Bahn AG: Die Thyssen Handelsunion soll dem zum Jahresanfang privatisierten Bahnunternehmen helfen, die weiterhin roten Zahlen im Stückgutgeschäft in schwarze zu verwandeln. Noch in diesem Jahr wird die BahnTrans GmbH gegründet, an der beide Partner je 50 Prozent halten. In das neue Speditionsunternehmen bringt die Bahn ihr gesamtes Stückgutgeschäft ein, die Thyssen Handelsunion ist mit der Euro-Stückgutgesellschaft der Thyssen Haniel Logistic GmbH (THL) mit von der Partie.

Das Kommando bei der BahnTrans übernehmen damit die Thyssen-Leute; bei ihnen liegt die kaufmännische Führung des Unternehmens, dessen Sitz folgerichtig Duisburg sein wird. Mainz, bislang Stückgut-Zentrale der Bahn, wird zur Zweigniederlassung degradiert.

Die Partnerschaft mit der Thyssen Handelsunion öffnet der Bahn das Tor nach Europa: THL transportiert Stückgut europaweit und arbeitet über die Verkehrsallianz TEAM (Trans European Alliance Members) eng mit Spediteuren aus Frankreich, Italien, Dänemark und Österreich zusammen. THL selbst verbindet mit der BahnTrans die Absicht, mehr Güter mit der Bahn zu transportieren. 70 Prozent der angestrebten 4,75 Millionen Tonnen Güter pro Jahr sollen auf Schienen transportiert werden. Das Unternehmen strebt einen Umsatz von zwei Milliarden Mark an.

Die wichtigste Aufgabe der BahnTrans besteht zunächst im Aufbau von 41 Frachtzentren bis 1996. Dort sollen Güterwaggons vollautomatisiert binnen weniger Minuten be- und entladen werden. Etwa vier Milliarden Mark wird die BahnTrans in die neuen Umschlagplätze investieren. Ab Ende 1996 wird der Stückgut-Transport ausschließlich über die neuen Frachtzentren abgewickelt, die die wichtigsten Wirtschaftszentren in Deutschland miteinander verbinden werden.

Mit der Kooperation trennt die Deutsche Bahn Transport und Logistik. Dadurch erhofft sie sich eine bessere Zusammenarbeit mit anderen Spediteuren, was weitere Verlagerungsmöglichkeiten von der Straße auf die Schiene eröffne. Eine solche Verlagerung scheint bitter nötig: Nur noch zwei Millionen Tonnen Stückgut (Ladungen zwischen 30 Kilogramm und acht Tonnen) wurden im vergangenenn Jahr noch mit der Bahn befördert, 30 Millionen Tonnen dagegen per Lkw.

Im ersten Halbjahr 1994 erlitt die Deutsche Bahn AG einen weiteren Umsatzeinbruch von 11 Prozent im Stückgutgeschäft. Der Trend soll sich umkehren und die BahnTrans von Beginn an mit Gewinn arbeiten, hofft Bahnsprecher Hans-Jürgen Frohns. Thyssen wird's schon richten.