Das Problem ist ein großräumiges

■ Mit einzelnen Straßensperren oder Tempolimits allein läßt sich das drängende Problem erhöhter Ozonwerte nicht lösen

Der Besuch im Freibad sollte lieber im Bilderbuch studiert als in der Realität erfahren werden. Zu hohe und dauerhafte Ozonkonzentrationen können bei Kindern zu Lungenschäden führen, haben Experten herausgefunden. Einige Düsseldorfer Eltern sind es jetzt leid, ihren schniefenden Sprößlingen den Aufenthalt im Freien zu verbieten, derweil die Nachbarn individualmotorisiert zur Arbeit brausen. Sie verlangen von der Stadtregierung verkehrsbeschränkende Maßnahmen – und zwar sofort. Sonst wollen sie klagen.

Schon im letzten Jahr haben zehn Leute aus Südbayern einen zumindest moralischen Sieg vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof erlangt. Die Richter bestätigten nicht nur, daß es sich bei Ozon „um ein wetterbedingtes Folgeproblem des Kraftfahrzeugverkehrs“ handelt, zu dessen Lösung Verkehrsbeschränkungen beitragen können, sie schoben den zuständigen Behörden auch die Verantwortung dafür zu, „die Interessen des Gesundheitsschutzes gegenüber den Interessen der Verkehrsteilnehmer abzuwägen“. Das Urteil spiegelt einen Wandel in der deutschen Rechtsprechung wider: Noch in den 80er Jahren hatte ein Augsburger Waldbesitzer vergeblich versucht, Schadenersatz für seinen vom sauren Regen geschädigten Forst einzuklagen. Bei nicht genau zuordbaren Fernemissionen kann man juristisch nichts machen, beschieden die Richter damals.

Dennoch sind sich alle einig, daß einzelne Straßensperren oder ein Tempolimit allein nicht genügen. Denn hohe Ozonwerte sind ein großräumiges Problem, das zwar aus den Auspuffrohren der Autos kommt, nicht aber in der Nähe der Stinker, sondern ausgerechnet in Reinluftgebieten zu den höchsten Werten führt. Ursache dieses erstaunlichen Phänomens: In emissionsreichen Gebieten reagieren die labilen Moleküle mit anderem Dreck, während sie in saubereren Gegenden kaum Reaktionsstoffe finden.

„Isolierte Initiativen einzelner Bundesländer können die Probleme nicht wirklich lösen“, meint der Sprecher des SPD-geführten Umweltministeriums in Rheinland-Pfalz. Auch Nordrhein-Westfalen will seinen Landeskindern lieber Spaziergeh- als Fahrverbot zumuten. Niedersachsens Umweltministerin Monika Griefahn hingegen kündigte an, daß ihr Bundesland es Hessen noch in diesem Jahr nachtun werde. Denn fest steht: Selbst wenn die Leute in den Gegenden mit den Fahrbeschränkungen nicht alleine in den Genuß besserer Luft kommen – je weniger Stickstoffoxide und Kohlenwasserstoffe emittiert werden, desto weniger Ozon insgesamt.

Günstig für die Autofetischisten: Die Ozonwerte werden in den nächsten Jahren sinken – allerdings nur auf dem Papier und nicht für die zu Hause hockenden Kinder. Denn die EU schreibt eine Vereinheitlichung der Meßinstrumente vor. Seit dem 1. Juni wird auch in Deutschland das UV-fotometrische Verfahren angewandt, mit dem etwa zehn Prozent niedrigere Werte als zuvor ermittelt werden. „Jetzt müssen die Grenzwerte angepaßt werden“, fordert Manfred Wagner vom Institut für Wasser-, Boden- und Lufthygiene des Umweltbundesamts. Hessen hat schon zugesagt. Annette Jensen