Todesstrafe im Namen Gottes gefordert

■ Großkundgebung in Bangladesch für ein verschärftes Blasphemie-Gesetz

Dhaka (taz) – Zu Fuß, in Bussen und auf Flußfähren trafen gestern muslimische Fundamentalisten in der Hauptstadt von Bangladesch ein, um am heutigen Freitag an einer Großkundgebung für ein verschärftes Blasphemie-Gesetz vor dem Parlament in Dhaka teilzunehmen.

Mufti Fazlul Huq Amini, der Chef des „Joint Action Committee“, einer Allianz von 13 radikalen islamischen Gruppen, hat die muslimischen Geistlichen aufgerufen, Moscheen und Religionsschulen zur Beherbergung der Kundgebungsteilnehmer zu öffnen. Die Organisatoren glauben, daß 500.000 Menschen ihrem Aufruf folgen werden. Ein hochrangiger Polizeioffizier, der anonym bleiben wollte, sagte, daß zusätzliche Polizei- und paramilitärische Sicherheitskräfte eingesetzt werden.

Die Fundamentalisten planen einen „Schauprozeß“ gegen die untergetauchte Feministin und Schriftstellerin Taslima Nasrin, die von den Geistlichen der Gotteslästerung bezichtigt wird, weil sie Veränderungen im koranischen Recht zugunsten von Frauen gefordert hat.

Unter keinen Umständen, so Amini, könne der Mordaufruf gegen die 32jährige zurückgezogen werden. „Es gibt keine Vergebung für eine solche Sünderin“, erklärte Amini in einer Moschee in der Altstadt von Dhaka, nachdem er die Gläubigen dazu aufrief, sich an der heutigen Kundgebung zu beteiligen.

In Bangladesch, einem der größten muslimischen Staaten, haben die Fundamentalisten im Zusammenhang mit der Debatte um Taslima Nasrin Zulauf erhalten. Nasrin hatte in ihrem Buch „Lajja“ (Schande) die islamistischen Parteien und die Geistlichkeit direkt angegriffen und beschuldigt, die Gewalt zwischen den Religionsgemeinschaften geschürt zu haben.

Seit 1977, als ein Verfassungszusatz erlassen wurde, der dem Prinzip der Säkularität widersprach, hat es eine ganz allmähliche Entwicklung in Richtung Islamisierung des Landes gegeben. Die Fundamentalisten erzielten einen wichtigen Sieg, als die Militärregierung 1988 gegen den Protest von Liberalen und religiösen Minderheiten den Islam zur Staatsreligion erklärte. Jetzt wächst der Druck auf Premierministerin Khaleda Zia von seiten islamistischer Gruppen innerhalb der Regierungspartei, ein Blasphemie-Gesetz zu verabschieden, das auch die Todesstrafe vorsieht. Opposition, Studenten und Schriftsteller fürchten, daß ein solches Gesetz unter anderem auch zur Verfolgung politischer Gegner eingesetzt werden würde.

Die Kontroverse über das Blasphemie-Gesetz droht die politische Krise der fragilen Demokratie in Bangladesch weiter zu verschärfen. Dann wären blutige Auseinandersetzungen wie jene in der Stadt Chittagong, wo am Dienstag bei Zusammenstößen zwischen Fundamentalisten und ihren Gegnern mindestens fünf Menschen starben und über hundert verletzt wurden, nur ein schrecklicher Anfang. Ahmad Fazl