In den Zellen schmoren

■ Gefangene rufen um Hilfe / Leiter der Anstalt lapidar: „Mir ist auch warm“

Aus dem Männerknast Tegel erreichte die taz gestern ein Hilferuf: „Die Leute kippen hier in der Hitze reihenweise um.“ Die Luft staue sich in den Zellen und Gängen, die Stimmung sei hochexplosiv. Besonders schlimm sei es im Langstrafer-Haus III mit an die 200 Gefangenen. Am Sonntag werde es noch unerträglicher, hieß es. Denn an diesem Tag dürfen die Insassen ihre Zellen am Nachmittag nur einmal für eine dreiviertel Stunde verlassen. Den Rest der Zeit müssen sie offenbar im wahrsten Sinne des Wortes hinter Schloß und Riegel schmoren. „Bei den jetzigen Temperaturen müssen die Zellen den ganzen Nachmittag und Abend offen sein“, fordern die Insassen deshalb. Ein verantwortlicher Beamter des Hauses III soll daraufhin gedroht haben: Er werde eine Hundertschaft der Polizei holen, wenn es Unruhe gebe.

Der Anstaltsleiter des Tegeler Knastes, Lange-Lehngut, wies die Forderung gestern gegenüber der taz mit den Worten zurück: „Bei mir zu Hause ist es auch warm.“ Die alten Häuser II und III seien eher „besser gegen die Wärme isoliert als die Anstaltsneubauten“. An den Einschlußzeiten werde nicht gerüttelt. Sie seien an Sonntagen extra so kurz gehalten, um eine Ausbreitung der „Subkultur“, wie „Geschäfte machen und Schulden eintreiben“, zu erschweren. Außerdem brächten geöffnete Zellentüren auch keinen Luft-Durchzug, wollte er Glauben machen.

Auch der stellvertretende Leiter der Abteilung Strafvollzug in der Justizverwaltung, Krebs, war der Meinung: „Die Hitze ist eine Belastung, die uns alle trifft.“ Im Knast sei die Belastung zwar „noch einen Zacken schärfer“, aber die Anstalt tue „alles, um lindernd zu wirken“.

Nach Angaben der Gefangenen gibt es aber noch nicht einmal kalten Tee von der Anstalt, obwohl dies ärztlicherseits empfohlen worden sei. Zumindest hier versprach Lange-Lehngut Abhilfe. Aber erst am Montag. Das heiße Wochenende werden die Insassen deshalb wohl in ihren Zellen an den Wasserhähnen verbringen. „An heißen Tagen fließen Tausende Liter weg, weil es die einzige Möglichkeit ist, die Zellen mit dem laufenden Wasser ein bißchen abzukühlen“, so ein ehemaliger Gefangener. plu