Festspiele überall

Im Sommer bekommt die Oper Flügel, und die Festspiele schießen wie Pilze aus dem Boden. Den absoluten Rekord hält Frankreich mit 350 Musikfestspielen alleine in diesem Sommer. Vor allem im Süden des Landes ist der Kulturtourismus zur gigantischen Industrie geworden, die wegen des hohen Subventionsbedarfs aber schon angefangen hat, ihre eigenen Kinder zu fressen.

Die Teutonen in Bayreuth ficht das bisher hingegen nicht an. Richard Wagner ist und bleibt eine sichere Bank. Wer Karten haben will, muß sich auf eine Warteliste setzen lassen und bisweilen jahrelang warten. Dieses Jahr gibt es einen neuen „Ring der Nibelungen“: Bis zum 28. August dirigiert James Levine, Alfred Kirchner führt Regie (Festspielbüro Bayreuth, Tel. 0921/202 21).

Patrice Chérau ist abtrünnig geworden und inszeniert jetzt in Salzburg Mozarts „Don Giovanni“. Bis zum 31. August hat Intendant Gérard Mortier die „Top Ten“ um sich versammelt. Dirigenten wie Abbado, Boulez, Guilini, Muti, Nagano. Regisseure wie Chérau, Mussbach, Peter Sellars, Herrmann. Die „Crême de la crême“ hat ihren Preis: Für Strawinskys „The Rake's Progress“ oder für Mozarts „Clementia di Tito“ geht locker ein Viertel des taz-Gehalts drauf (Salzburger Festspiele, Telefon A-662/84 45 01).

Strawinsky und Mozart bieten bis zum 25. August auch die Briten in Glyndebourne. Die Festspiele haben sich zum 60. Geburtstag ein neues Opernhaus spendiert und mit Mozarts „Hochzeit des Figaro“ standesgemäß eingeweiht. In der Pause gehört es zum guten Ton, auf echt englischem Rasen mit Lachsschnittchen zu picknicken. (Glyndebourne Festival Opera Box, Tel. GB-273/81 38 13)

Für Shakespeare und seinen von Benjamin Britten vertonten „Sommernachtstraum“ ist diesen Sommer Edinburgh auf der britischen Insel zuständig. Bis zum 3. September bleiben die Schotten die einzigen, die sich um das Erbe des vor hundert Jahren gestorbenen Franzosen Chabrier kümmern. (Edinburgh Festival, Tel. GB-31/225 57 56).

Für die Italiener in Verona ist die Frage nach den Hauskomponisten beantwortet: Verdi, Verdi und erst dann Puccini. In der römischen Arena werden zur Oper Sandwiches gereicht (Ente Arena, Tel. I-45/59 01 09). Verdi und Puccini sind die Komponisten, die die 8.000 Arenen-Plätze in Orange füllen und dem südfranzösischen Festival sogar einen Gewinn bescheren. Die große Ausnahme also, nur Montpellier, vom Staats-„Radio France“ kräftig unterstützt, kommt auf eine ähnlich rosige Finanz-Bilanz, obwohl sich die Uni- Stadt auf Raritäten der Opernliteratur wie Montemezzis „L'Amore dei tre re“ kapriziert (Tel. Orange F-903 424 24, Montpellier F-670 20 201).

Osteuropa wird von der Sommer- Festivalitis bisher nur gestreift. Prag ist der Schrittmacher. Bis zum 27. August setzt die „Statni Opera“ voll auf Guiseppe Verdi: Von der „Traviata“ bis zum „Rigoletto“ sind bombastische Klänge garantiert.peb