Wann defiliert die Bundeswehr in Warschau?

■ Polnische Positionen zur deutsch-polnischen Versöhnung

Warschau/Berlin (taz) – Für Marek Edelmann, den letzten überlebenden Anführer des Aufstands im Warschauer Ghetto, ist die Sache klar: „Wer heute die Frage nach der polnisch-deutschen Versöhnung stellt, kommt um mindestens dreißig Jahre zu spät.“ In einem gestern in der Posener Zeitschrift Wprost erschienenen und von der taz heute nachgedruckten Beitrag zeigt sich Edelmann überzeugt, daß diese Versöhnung bereits weit fortgeschritten sei und ein zu häufiger Rückblick auf die schwierige Vergangenheit der beiden Staaten ihre Beziehungen nur belaste. Daher sehe er keinen Grund für jene Stimmen, die gegen die Teilnahme des deutschen Bundespräsidenten an den heutigen Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Warschauer Aufstands protestieren. Positiv bewertet Edelmann auch die Berufung eines deutschen Bundeswehrgenerals zum Berater des polnischen Verteidigungsministers. Edelmann zusammenfassend: „Wenn wir es schaffen, mit der Last des gegenseitigen Unrechts fertig zu werden, wird es möglich sein, daß die polnische Armee durch das Brandenburger Tor und eine Abteilung der Bundeswehr auf dem Pilsudski-Platz defiliert.“

Weniger provokativ gab sich Polens Präsident Lech Walesa in einem Interview des Spiegels. Seine Einladung an Roman Herzog bezeichnete er als „Botschaft an Europa und an die Welt“. Doch ebenso wie Edelmann – und wie auch der polnische Schriftsteller Andrzej Szczypiorski – stellte er die Zukunft der deutsch-polnischen Beziehung in den Mittelpunkt seiner Stellungnahme. Bei der Integration Polens in die Europäische Union und die Nato setze Warschau vor allem auf die Bundesrepublik: „Deutschland wird eine Maschine sein, die vieles zieht und antreibt.“ Seiten 8 und 10