piwik no script img

Wut und Schweigen

■ Betriebsversammlung im Altonaer Theater / Kaum Chance auf Sozialplan

Offener Zorn auf die Kultursenatorin Christina Weiss, versteckter auf den anwesenden Ex-Intendanten Fitze und Ratlosigkeit über die eigene Zukunft beherrschten die gestrige Betriebsversammlung im Altonaer Theater. Nach dem Subventionsentzug durch den Senat und den Konkursantrag des mit 300.000 Mark überschuldeten Theaters sind die Mitarbeiter nun mit den Folgen der Abwicklung konfrontiert, die Gerd Weiland als Sequester durchführen wird.

Besondere Empörung verursachte bei den Angestellten die Tatsache, daß die restlichen Subventionen von 1,2 Mio. Mark für 1994 nicht für einen Sozialplan verwendet werden dürfen. Privattheatersubventionen seien, so Rolf Suhl, Referent der Senatorin, „haushaltsrechtlich an einen funktionierenden Spielbetrieb gebunden“ und könnten auch nur dafür ausgezahlt werden.

Insbesondere in Richtung des 91jährigen Theaterleiters und seiner Frau Elke Ahlfs, welche der Veranstaltung schweigend beiwohnten, richteten sich verdeckte Schuldzuweisungen. Schließlich wußte jeder aus der Belegschaft, daß die halsstarrige Haltung Fitzes in der Nachfolgerfrage ursächlich für das Desaster verantwortlich ist.

Da ein Konkurs mangels Masse wahrscheinlich nicht eröffnet werden kann, wird es auch keinen Sozialplan geben. Insbesondere für die älteren Mitarbeiter, die teilweise seit Jahrzehnten an dem Haus arbeiten, dürfte dies die endgültige Arbeitslosigkeit ohne Abfindung bedeuten. Die jüngeren haben gute Chancen von dem Nachfolger, der sich laut Hans-Peter Eskam, Vorsitzender des Vereins „Freunde des Altonaer Theaters“ heute in der Kulturbehörde vorstellt, übernommen zu werden. Über den Namen möchte die Behörde erst einmal Stillschweigen bewahren. Alle Bewerber haben aber die Auflage der Senatorin, so Suhl, die Weiterbeschäftigung eines Teils der Belegschaft in ihrem Konzept zu berücksichtigen.

Für einige Härtefälle hat Christina Weiss bereits am Tag der Entscheidung versprochen, zu sorgen. Auch der Verein will den Härtefällen helfen. Außerdem will man versuchen die fast fertige Produktion „Halbe Wahrheiten“ als Benefizveranstaltung für die Mitarbeiter zu spielen.

Till Briegleb

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen