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Regierungs-Streit um AKW-Müll

■ Töpfer stellt Ultimatum wegen der Castor-Transporte

Hannover/Bonn Der Streit um den ersten Transport sogenannter Castor-Behälter mit hochradioaktivem Atommüll aus dem baden-württembergischen Philippsburg ins Zwischenlager Gorleben spitzt sich erneut zu. Wie erst gestern bekannt wurde, hat Bundesumweltminister Klaus Töpfer Niedersachsen ein Ultimatum gestellt. Seine Amtskollegin Monika Griefahn soll bis heute, Mittwoch 15.00 Uhr, die Prüfung der Transportunterlagen abschließen und einen Bescheid vorlegen. Töpfer weist in dem Schreiben von Montag außerdem auf mögliche „bundesaufsichtliche Schritte“ gegen Niedersachsen hin.

Niedersachsen lehnt die Frist ab. Die Prüfung sei unmöglich bis Mittwoch abzuschließen. Es stünden noch mehrere Fachgespräche über die Sicherheit des Behälters und die vorgelegten Meßdaten an, teilte das Ministerium mit. Der Castor-Behälter steht seit zwei Wochen abfahrbereit auf dem Gelände des Atomkraftwerks Philippsburg. Ein Sprecher Töpfers betonte, Niedersachsen sei noch „keine Weisung angedroht worden“. Wenn es keinen Prüfbescheid bis Mittwoch nachmittag gebe, stehe zunächst ein bundesaufsichtliches Gespräch an.

Heute Nacht läuft um Mitternacht auch das Ultimatum zum Abriß des Hüttendorfs der Atomkraftgegner in Gorleben ab. Gegen die Verfügung des Landkreises Lüchow-Dannenberg hat der Eigner des Grundstücks, Andreas Graf von Bernstorff, vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg gestern Rechtsmittel eingelegt. Das Gericht entscheidet heute über den Eilantrag. Bernstorff sind bei Verstoß gegen die Verfügung Kosten in Höhe von 25 000 Mark angedroht worden. Begründet wird der Abriß des zur Zeit nicht bewohnten Hüttendorfes mit akuter Waldbrandgefahr.

Das Innenministerium in Hannover geht trotz der beiden Ultimaten weiterhin davon aus, daß der Castor-Transport vorerst nicht rollen wird. An der bisherigen Lage habe sich nichts geändert, sagte Staatssekretär Helmut Dohr der dpa. „Das heißt konkret, in den Ferien passiert nichts.“ Wegen der urlaubsbedingten Personalengpässe hatte das Ministerium mit der Transportfirma gesprochen.

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Rebecca Harms warf Töpfer eine Eskaltation der Lage in Gorleben vor. „Wie gewohnt, soll der Konflikt um die Atomenergie wieder mit polizeistaatlichen Mitteln ausgetragen werden“, sagte sie. Die Vorsitzende der Bürgerinitiative Umweltschutz, Marianne Fritzen, kritisierte die Verfügung des Landkreis als „absurd“, da das Hüttendorf wegen der Waldbrandgefahr nicht bewohnt sei. Beim Abriß sei die Gefahr eines Brandes gegeben.

dpa

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