Chinas langer Marsch in die Tele-Zukunft

■ Neuer chinesischer Satellit wurde ohne Absprache im All plaziert

Berlin (taz) – Die Regierung der Volksrepublik China hat einmal mehr gegen internationale Regeln verstoßen. Am 21. Juli plazierte eine Rakete vom Typ „Langer Marsch“ den ersten kommerziellen chinesischen Rundfunk-Satelliten Apstar-1 über dem Äquator: mitten im Halteverbot. Der Neue parkt in viel zu geringem Abstand zwischen der US-Station Rimsat-1, die über Indien Fernseh-Programme ausstrahlt, und einer für einen japanischen Satelliten reservierten Position. Nach Auffassung von Telekommunikationsexperten wird damit ein Großteil der Kanäle auf allen drei Satelliten unbrauchbar, weil sich die Sender in die Quere kommen.

Bisher gibt es zwar kein international gültiges Gesetz, das es irgend jemandem ausdrücklich verbieten würde, einen Satelliten im All zu plazieren. Bisher jedoch hatten sich weltweit alle Satellitenbetreiber an eine Konvention der UN-Agentur „Internationale Telekommunikations-Union“ (ITU) gehalten, nach der die Parkpositionen im All so koordiniert werden, das sich die Funksignale nicht behindern können. Die Apstar-Betreibergesellschaft APT, die drei chinesischen Ministerien, Investoren aus Singapur, Thailand und Macao sowie der taiwanesischen Regierungspartei Kuomintang gehört, hielt es jedoch nicht für nötig, sich die Apstar-Position von der ITU in Genf genehmigen zu lassen.

Dabei schadet sich APT vor allem selbst. Denn für die Benutzung des chinesischen Satelliten hatte sie devisenbringende Vorverträge mit den US-Rundfunkgesellschaften Turner Broadcasting (CNN), Home Box Office und Viacom (MTV) geschlossen, die den menschenreichen südostasiatischen Raum für ihre Programme erschließen wollten. Bei den Managern dieser US-Firmen registrierte die Financial Times Verstimmungen, ebenso in Japan. Eine schlüssige Erklärung für das Vorgehen der Chinesen konnte auch die Zeitschrift Far Eastern Economic Review nicht bieten, die irgendwelche Kompetenzstreitigkeiten unter den drei an APT beteiligten Ministerien vermutet. Neuer Ärger scheint programmiert: Im Dezember soll eine zweite Rakete ihren langen Marsch antreten und Apstar-2, einen noch stärkeren Satelliten, im All plazieren. dri