Taschengeldabzug als letztes Mittel

Geschäftsführer des Treptower Flüchtlingsheims für Jugendliche weist Vorwürfe von Prügeln und Unterschlagung zurück / Taschengeldentzug soll künftig transparenter werden  ■ Von Dorothee Winden

Der Geschäftsführer der Erstaufnahmestelle für jugendliche Flüchtlinge in der Treptower Hoffmannstraße, Reinhold Voth, hat gestern die gegen das Heim erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen. „Bei uns werden keine Jugendlichen geprügelt, und wir haben auch keine Gelder unterschlagen“, so Reinhold Voth zu den Vorwürfen des früheren Erziehers Roman Nowak.

Dieser hatte den derzeit vom Dienst suspendierten Heimleiter Jürgen Schmidt beschuldigt, einen Vietnamesen mehrmals mit dem Hinterkopf gegen die Wand geschlagen zu haben. Voth erklärte, daß seine MitarbeiterInnen nichts von einem solchen Vorfall wüßten. Wenn Nowak davon erfahren hätte, hätte er sich damals sofort an den Geschäftsführer wenden müssen, kritisierte Voth. Er wies auch den Vorwurf zurück, daß Jugendliche in den Heizungskeller gesperrt worden seien. Der Schlüssel des Kellers sei infolge von Umbauarbeiten bereits seit vier Monaten verschwunden.

Voth stellte auch klar, daß der suspendierte Heimleiter Schmidt zwar 25 Jahre bei der NVA gewesen sei, aber 1991 an der Humboldt-Universität einen Abschluß in Ethik und Sozialwissenschaft gemacht hätte. Danach sei er zwei Jahre lang Leiter einer vergleichbaren Jugendeinrichtung gewesen. Zu dem am 11. Juli fristlos entlassenen Erzieher Nowak merkte Voth an, daß dieser in den letzten vier Jahren achtmal den Arbeitsplatz gewechselt habe. Seit Dezember vergangenen Jahres arbeitete er in der Hoffmannstraße.

Voth räumte auch Fehler ein. Die 10 Mark, die den Jugendlichen pro Tag zustehen und meist für mehrere Tage ausbezahlt werden, teilten sich in 2,66 Mark Taschengeld und 7,34 Mark Verpflegungsgeld. Wenn ihnen aufgrund von mehrmaligem nächtlichen Fernbleiben oder anderem Fehlverhalten 10 Mark abgezogen wurden, sei ihnen nicht erklärt worden, daß das Geld von ihrem Taschengeld, nicht aber vom Verpflegungsgeld einbehalten worden sei.

„Zwar sind Taschengeldabzüge pädagogisch umstritten“, so Voth, man wolle daran aber weiter als letztes Mittel festhalten. Entgegen Äußerungen von Jugendsenator Thomas Krüger, wonach das Heim Taschengeld sofort einbehalten hätte, behauptete Voth, daß dies erst nach dreimaliger Verwarnung geschehen sei. Voth kündigte an, daß Taschengeldabzüge künftig in den Teamsitzungen besprochen werden müßten, „damit das transparent wird“. Außerdem werde man künftig Jugendlichen Quittungen ausstellen, wenn gestohlene Elektrogeräte von der Heimleitung beschlagnahmt würden.

In dem Heim, das für 72 Jugendliche Platz bietet, leben derzeit 68 Minderjährige aus 26 Ländern. Sie werden von fünf Dolmetschern, einer Psychologin und sechs MitarbeiterInnen mit einer pädagogischen Ausbildung betreut. „Wenn wir ein besseres Gehalt zahlen könnten, könnte man auch qualifiziertere Kräfte einstellen“, sagte Voth. Er prüft nun, rechtliche Schritte gegen den ehemaligen Mitarbeiter einzulegen.

Frauke Hoyer vom Flüchtlingsrat fordert nach wie vor eine qualifizierte Betreuung der Jugendlichen sowie eine Vollverpflegung. Bislang müssen die Jugendlichen in der Heimküche selbst kochen, was bei dem knappen Verpflegungsgeld offenbar zu sehr einseitiger Ernährung führt.