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Grüne begrüßen Scharpings Tempolimit

■ Schröder in der Bundes-SPD isoliert?

Die Grünen im Niedersächsischen Landtag haben Rudolf Scharpings Ankündigung eines generellen Tempolimits als „Annäherung an die programmatischen Aussagen ihrer Partei“ begrüßt. „Endlich hat sich in der SPD-Verkehrspolitik einmal die Vernunft durchgesetzt“, sagte Michael Golibrzuch, Landtagsabgeordneter der Grünen, gestern. Außerdem meinte er, daß „Ministerpräsident Schröder nach diesem Beschluß auch in Sachen Tempolimit in der SPD isoliert ist“.

Auch der stellvertretende Landesvorsitzende der Bremer SPD, Uwe Mögling, begrüßte die Forderungen seines Parteivorsitzenden „aus umweltverträglichen Gründen“, wie Mögling gegenüber der taz sagte. Allerdings nur, „solange es bei Tempo 130 bleibt“. Auf Gerhard Schröders Position angesprochen sagte Mögling, daß „die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht von allen in der SPD unterstützt werden wird“.

Das Umweltministerium Schleswig-Holsteins reagierte prompt auf den Wind aus der Parteizentrale. Umweltstaatssekretär Volker Schmidt (SPD) hat gestern eine Geschwindigkeitsbegrenzung bei einem Ozonwert von 210 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft beschlossen. Schleswig-Holstein ist damit das erste Land nach Hessen, das eine derartige Verordnung erlassen hat. Bereits an diesem Wochenende soll die Verordnung wirksam werden. Auf Autobahnen gilt dann Tempo 90, auf Landstraßen 80.

Gerhard Schröder selbst hat sich zu Scharpings Ideen einer „Geschwindigkeitsbegrenzung an 365 Tagen im Jahr“ noch nicht geäußert, er ist im Urlaub. Auch der gesamte niedersächsische SPD-Landesverband erholt sich zur Zeit und konnte keine Meinung zu dem brisanten Thema abgeben. Die niedersächsische Staatskanzlei berief sich gestern auf das generelle Tempolimit auf einigen Autobahn-Teilstrecken und Landstraßen. „Wir haben etliche Tempo 100 Zonen auf unseren Autobahnen, Landstraßen sind flächendeckend eingeschränkt“, sagte Pressesprecherin Sabine Haack zur taz. Niedersachsen wolle eine bundeseinheitliche Regelung abwarten.

Bereits am Mittwoch verwies Michael Jürdens, Pressesprecher der Staatskanzlei in Hannover darauf, daß in Sachen Sommersmogverornung und Ozon „das Umweltministerium zuständig ist“. Für eine Ozonverordnung sei Monika Griefahn verantwortlich, nicht der Ministerpräsident. Zumindest die Sommersmogverordnung ist in Niedersachsen also noch nicht wie in Hessen zur Chefsache anvanciert. Außerdem könne die Landesregierung die Sache nicht ernsthaft verändern: „Das muß bundeseinheitlich geregelt werden“.

Bündnis 90/Grüne in Niedersachsen griffen die Landesregierung und Gerhard Schröder noch weiter an. Die Landesregierung müsse sich fragen lassen, ob sie sich ihre Verkehrspolitik weiter von den Verkaufsleitern von VW diktieren lassen wolle. Im Wolfsburger Konzern müsse Uberzeugungsarbeit geleistet werden. Golibrzuch meinte, daß „das Argument, weniger Tempo führe zu sinkenden Pkw-Verkaufszahlen, längst widerlegt ist“. Im September will die Grünen-Fraktion eine Tempolimit-Forderung im Landtag stellen. Um zu sehen, ob sich die „Schröder-SPD wie die Bundes-Partei an Grünen-Positionen orientieren wolle“.

fok

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