Auswegloses Leben

■ Betr.: „Da erscheint plötzlich diese Frau...“, taz vom 28.7.94

Zunächst verwirrt, dann jedoch mit jeder Zeile einfach mehr entsetzt, habe ich die Ausführungen von Herrn Imhasly gelesen. [...] Nach all den herzzerreißenden taz- Appellen an Regierungen und Artikel von VIPs aus Politik und Literatur, daß bitteschön das Leben von Taslima Nasrin gerettet werden soll, „da erscheint plötzlich dieser Mann...“ und richtet seine irrationale Dreckschleuder auf Frau Nasrin. Ich habe das Elaborat als eine unmißverständliche Diskreditierung von Frau Nasrin im Ausland verstanden. Wie hätte der Autor es denn gerne? Rigoberta Menchu auf asiatisch, so richtig in folkloristischem Tschador, damit der Protest auch echt basisorientiert daherkommt?

Ja, ich versteh' schon, das Ganze ist ihm zu liberal und zu wenig sozial, was dieses akademische Frauenzimmer da verbreitet. Durch meine Arbeit weiß ich, wie ausweglos das Leben vieler Moslemfrauen ist, die, jeglicher sozialer Kontakte beraubt, im Haus gehalten werden wie Vieh, mißhandelt und zu tagein, tagaus stupiden Heimarbeiten verurteilt sind. Es gibt kein Sprachrohr für ihre Bedürfnisse und Nöte, dessen sie sich so einfach öffentlich bedienen könnten.

Wer das Haus verlassen darf und zur Moschee eilt, um Allah zu huldigen, ist allein der Mann. Einen Diskurs über mögliche effektive oder uneffektive Strategien, die Vorherrschaft des Mannes im Islam zu destabilisieren, hätte ich ja noch tolerieren können. Aber das ist einfach gefährlich, was Imhasly niederschreibt. Für Frau Nasrin, mehr noch für alle die Frauen, die sich eine Änderung ihrer Lebensumstände wünschen, aber nicht wagen, ihr Leben dafür zu riskieren oder nicht protestieren können, weil ihnen Mittel, Möglichkeiten und Gelegenheiten fehlen. [...] Karen Watermann, CAMECO, Medienplanung in Entwicklungsländern, Aachen