Soldaten: „Ja, wir greifen immer an“

Rekruten der künftigen Krisenreaktionskräfte in Koblenz wurden gezwungen, ein faschistisches Lied anzustimmen / Dazu die Hardthöhe: „Ein Hauch von Rechtsextremismus“  ■ Von Sven Christian

Bonn/Berlin (taz) – Gemeinsam Lieder zu singen kann eine schöne Sache sein – Singen auf Kommando eher weniger. Wenn ein Bundeswehrvorgesetzter seinen Rekruten aber befiehlt, Nazilieder anzustimmen, dann geht der Marsch nach hinten los. So geschehen bei der Koblenzer Luftlandekompanie 260. Dort mußten Soldaten während ihrer Grundausbildung das Lied „Hinter den Bergen“ singen, wie gestern das ARD- Politmagazin „Monitor“ berichtete.

Das Lied fängt ganz harmlos an: „Hinter den großen Bergen, da strahlet die Sonne, leuchten die Gipfel so rot...“ Dann geht es zur Sache: „...stürzen wir nieder tief in die feindlichen Reih'n...“ Der Refrain des Stückes schließlich erinnert an die großdeutschen Zeilen „von der Maas bis an die Memel“ des „Deutschlandliedes“: „Narvik, Rotterdamm, Korinth, Kreta und Cassino sind Stätten unserer Siege.“ Besonders heikel ist die Tatsache, daß die singenden Soldaten von Koblenz später mal als „Krisenreaktionskräfte“ eingesetzt werden sollen. Finden die gerade legitimierten Out-of-area- Einsätze dann mit solch wehrmächtigem Gesang statt?

Unterstellt ist die Kompanie 260 der Luftlandebrigade 26. Soldaten dieser Brigade wurden nach Auskunft des Stabsoffiziers Egbert Steimer schon in Somalia und Kambodscha eingesetzt. Der Major bestätigte der taz, daß das besagte Lied offiziell in der Bundeswehr gesungen wurde. „Ich selbst habe das Lied während meiner Grundausbildung und dann auch später noch gesungen“, sagte Steiner. Aufgrund einer Beschwerde beim Truppendienstgericht wurde es erst 1984 aus dem traditionellen Repertoire genommen.

Oberstleutnant Alois Bach vom Verteidigungsministerium sagte, daß jenes Lied nur in „selbsterstellten Liederbüchern der jeweiligen Kompanien“ vorgekommen sei. Nie habe es zum offiziellen Liedgut der Bundeswehr gehört. „Auch wenn das Lied einen Hauch von Rechtsextremismus enthält, so ist das nicht repräsentativ für das ganze Heer“, sagte Bach.

Gegen den oder die Vorgesetzten, die befohlen hatten, das Lied zu singen, wird jetzt ermittelt. Major Steiner sagte, es sei noch nicht bekannt, wer die Befehle erteilte und aus welchen Beweggründen dies geschehen sei. Über die Konsequenzen für die Verantwortlichen wolle er nicht spekulieren.

Die Rekruten, die sich jetzt über den Vorfall beschwert haben, sind erst seit drei Wochen Zeitsoldaten bei der Bundeswehr. Da sie noch mit der Grundausbildung beschäftigt sind, haben sie Angst vor Repressalien. Keiner von ihnen wollte seinen Namen genannt wissen.