Mit einem Schubs in die Schule

Modellprojekt soll Umweltschutz festen Bestandteil im Unterricht werden lassen / Wer's heute schon lernt, braucht morgen nicht umzudenken  ■ Von Katharina Voß

In der BUND-Zentrale herrscht Ruhe vor dem Sturm. Petra Kanaan, „Frau für alles“ beim BUND: „Wenn die Lehrer aus dem Urlaub zurück sind, geht's los.“ Was dann losgeht, wird in der Crellestraße kurz „der Schub“ genannt. Dahinter steht ein in Deutschland einmaliges Modellprojekt, die schulische Umweltbildung. Sie soll das Umweltbewußtsein an den Schulen stärken.

Insgesamt 19 Schulen im gesamten Berliner Raum erhalten Geld für Veranstaltungen zum Thema „Schule und Umwelt“. Die Mittel kommen sowohl vom Bundesministerium für Wirtschaft und Wissenschaft als auch vom Land Berlin. Schwerpunkt des Projektes ist die Verwendung von umweltfreundlichem Schulmaterial.

Mit der Durchführung des Programmes ist der BUND beauftragt. Er organisiert Vorträge, druckt Broschüren und bietet täglich Beratung zum Thema „umweltfreundliche Schulmaterialien“ an. Petra Kanaan: „Wenn die Ferien zu Ende sind, wird der BUND wieder Besuche in den Schulen organisieren, Eltern bei dem Einkauf für den ersten Schultag beraten, Lehrern bei der Durchführung von Sammelbestllungen helfen und und und...“

Vor einem Monat ist „der Schub“ ein Jahr alt geworden. Wie sieht die Zwischenbilanz aus? Petra Kanaan: „Das Interesse ist groß. Unsere Broschüre „Umweltfreundliche Schulmaterialien“ ist gerade in der zweiten Auflage erschienen.“ Heike Schneider- Handke, Umweltpädagogin beim BUND: „Lehrer, Eltern und Schüler sind sehr engagiert. In der Grundschule Humboldthain habe ich im März einen Vortrag gehalten, bei dem gut 100 Leute waren. Erstaunlich, wie umweltbewußt bereits die Erstklässler sind. Ich war überrascht, wie bereitwillig die Kinder auf umweltfreundliche Produkte umsteigen.“

Nachdem in der Anfangsphase des Projektes auch viele Anfragen aus dem Ostteil der Stadt kamen, haben diese in letzter Zeit stark abgenommen. Schneider-Handke: „Die Lehrer haben dort anscheinend so viele andere Probleme, daß ihnen die Zeit fehlt, die Möglichkeiten des Projektes zu nutzen. Vielleicht existiert auch ein Nachholbedarf, der es den Leuten schwermacht, auf bunte Filzstifte und Plastikspitzer zu verzichten.“ Die Projektarbeit hat zur Folge, daß Eltern, Lehrer und Schüler Sammelbestellungen in den Schulen anregen.

Zunächst stießen diese Initiativen auf Widerstand von einigen Schuldirektoren. Diese befürchteten, daß dieser Verkauf gesetzwidrig sein könnte. „Wolfgang Landsberg-Becker, der damalige Beauftragte für Umwelterziehung bei der Senatsverwaltung für Schulwesen, Berufsbildung und Sport, hat mir jedoch im März versichert, daß es beim Senat keine Bedenken gegen diese Initiativen gibt.“ Sie dürfen allerdings weder Werbung noch Gewinn machen.

In Berlin gibt es zwei Geschäfte, die sich auf umweltfreundlichen Schreibbedarf spezialisiert haben und bei Sammelbestellungen Rabatt geben: „ABC-Umweltpapier“ am Heinrichplatz und das neu eröffnete „Papierhaus“ in der Langenscheidtstraße.

Was sollten umweltbewußte Schüler, Studenten und sonstige Schreibtischtäter bei ihrem Einkauf beachten? Felix Verspohl, Inhaber des „Papierhaus“: „Auf alle Fälle echtes Umweltschutzpapier kaufen. Und keine Einwegprodukte.“ Ganz wichtig ist auch der Verzicht auf Plastikprodukte. Alle Plastiksorten werden aus Erdöl hergestellt und verbrauchen somit kostbaren, nicht nachwachsenden Rohstoff.

Männern fehlt wohl noch ein kleiner Schubs

Bei der Herstellung von Polystyrol (PS) und Polyvinylchlorid (PVC) werden außerdem zwei der gefährlichsten der bis jetzt bekannten Gifte verwendet, Styrol und Vinylchlorid. Während es beim Einatmen von Styrol zu Nervenschädigungen kommen kann, wirkt Vinylchlorid krebserregend und organschädigend. Auch wenn der Gebrauch von Anspitzern, Linealen und Filzstiften aus PS und PVC als ungefährlich gilt, sollte man doch auf sie verzichten. Ganz wichtig für alle, die gerne auf ihren Stiften herumkauen: Ungelackte Stifte kaufen. Der Lackmantel von Bleistiften enthält Schwermetalle, Lösungsmittel und Konservierungsstoffe, die mit dem Speichel heruntergeschluckt werden.

Aufgeschlossen zeigen sich bislang aber fast ausschließlich Frauen, bemerkt Anita Prinz von ABC-Papier, Männer seien bislang selten im Laden.

(Hinweise zu Broschüren über umweltfreundliche Schul- und Büromaterialien auf Seite 43.)