Ein Kirchturm voller Ingrimm

■ Völlig mißratener Start der deutschen Mannschaft bei der Basketball-Weltmeisterschaft in Kanada: 58:68-Niederlage gegen Griechenland / Schwierigkeiten des US-Teams beim 115:100 gegen Spanien

Berlin (taz) – Pünktlich, wenn eine Weltmeisterschaft ansteht, kommen die griechischen Basketballer in Form. Vor vier Jahren in Buenos Aires hätten sie beinahe die USA geschlagen, wäre ihnen nicht in der Schlußsekunde der Verlängerung ein Korb von Galakteros unrechtmäßigerweise aberkannt worden, diesmal beendeten sie in Toronto eine Serie von vier Niederlagen gegen das deutsche Team. Der 68:58-Sieg in einer Partie, die von Fehlwürfen überquoll, brachte die Griechen fast schon ins Viertelfinale und ließ den deutschen Europameistern wenig Hoffnung, bei dieser WM um mehr als um Platz 9 spielen zu können.

Trainer Dirk Bauermann und seine Spieler hatten schon vorher geahnt, daß es ohne die erfahrenen Welp, Jackel und vor allem natürlich Detlef Schrempf sehr schwer werden würde, gegen die Griechen zu gewinnen, aber die Art der Niederlage war dann doch ärgerlich. Nach miserablem Start und einem 11:18-Rückstand fing sich das Team vor allem dank der emsigen Bemühungen von Henning Harnisch – und der geballten Wucht des 120-Kilo-Gebirges Sascha Hupmann, holte Punkt um Punkt auf und konnte in der 12. Minute mit 20:19 in Führung gehen. In dieser Phase klappten die Kombinationen, die Pässe von Spielmacher Kai Nürnberger kamen an und Michael Koch ließ den gefährlichen Dreipunktschützen Iannakis kaum zum Zuge kommen.

Die anfangs sehr selbstbewußten Hellenen wurden nervös, verzettelten sich in Protesten gegen Schiedsrichterentscheidungen und gerieten immer mehr in Rückstand. Drei Minuten vor der Halbzeit hieß es 33:22 für die Deutschen, alles deutete auf einen sicheren Sieg hin, doch da ergriff der kirchturmförmige Panayotis Fassoulas, der erst gar nicht zur WM fahren wollte, die Initiative. Mit einem gewissen Ingrimm schnappte er sich die Rebounds, trieb seine Mitspieler nach vorn und stopfte die Bälle geradezu fließbandmäßig in den Korb. Der deutsche Spielfluß versiegte völlig, Nürnberger versuchte sich in fruchtlosen Einzelaktionen, in der Abwehr ließ die Konzentration nach und der komfortable Vorsprung verwandelte sich binnen weniger Minuten der zweiten Halbzeit in einen deftigen Rückstand.

Minutenlang landete kein Ball im griechischen Korb, ohne einen Spieler wie Detlef Schrempf, der in kniffligen Situationen die Nerven behält und mit entscheidenden Rebounds und Würfen die Stabilität wiederherstellt, hatte die deutsche Mannschaft dem Siegeswillen eines Fassoulas nichts entgegenzusetzen – außer einen unabsichtlichen Schlag von Henning Harnisch, der dem Center aus Piräus die Oberlippe aufplatzen ließ. Doch auch der Ausfall von Fassoulas, der erst kurz vor Schluß mit einem dicken Pflaster wiederkam, konnte die Griechen, bei denen Christodoulou (21 Punkte) für Fassoulas (16) in die Bresche sprang, nicht mehr gefährden. Routiniert spielten sie ihre Zeit aus, zwangen die Deutschen zu Fouls, verwandelten zumindest einen Teil ihrer Freiwürfe und ließen vor allem Michael Koch nicht zu seinen gefürchteten Distanzwürfen kommen.

„Ich kann meiner Mannschaft eigentlich keinen Vorwurf machen“, sagte Dirk Bauermann anschließend und lieferte einen einleuchtenden Grund für die Niederlage: „Wir haben einfach zu selten in den Korb getroffen.“ Die Trefferquote lag lediglich bei 35 Prozent, Koch hatte am Ende nur sieben Punkte auf dem Konto, erfolgreichster Korbschütze des DBB- Teams war Henning Harnisch mit 16 Zählern. Zu wenig, um den zahlreichen griechischen Fans unter den 8.000 Menschen im Maple Leaf Garden von Toronto die Laune verderben zu können.

Die Laune verdorben hatten dafür die Spanier in Hamilton dem „Träumerteam“ (Michael Jordan) der USA. „Ich war schlecht und die ganze Mannschaft war schlecht“, sagte Reggie Miller, mit 20 Punkten immerhin erfolgreichster Akteur, nach dem relativ knappen 115:100-Sieg beim ersten mit großer Spannung erwarteten Auftritt des sogenannten „Dream Team II“. 100 gegnerische Punkte in einem 40-Minuten-Match sprechen nicht für die Defensivkünste der NBA-Auswahl, das höchste,was das Original-Dream-Team den Kontrahenten in Barcelona gestattet hatte, waren die 85 Punkte, die Kroatien bei seiner 85:117-Niederlage im olympischen Finale erzielt hatte.

Die erste kleine Überraschung des Turniers schafften die als „unbekannte Größe“ im wahrsten Wortsinn angereisten Chinesen, die Brasilien mit 97:93 bezwangen. Matti Lieske

Gruppe A: China - Brasilien 97:93 n.V., USA - Spanien 115:100; Gruppe B: Kroatien - Kuba 85:65, Australien - Südkorea 87:85; Gruppe C: Kanada - Angola 83:52, Rußland - Argentinien 84:64; Gruppe D: Puerto Rico - Ägypten 102:74, Griechenland - Deutschland 68:58

12. Basketball-Weltmeisterschaft, 1. Spieltag: