Goethe und die Kunst

■ Ein faires Angebot zur Güte an die geplagte Frankfurter Schirn Kunsthalle

„Unter jungen Malern“, sagte Goethe am 13. Dezember 1826 zu Eckermann, „fehlt es an Gemüt und Geist; ihre Erfindungen sagen nichts und wirken nichts; sie malen Schwerter, die nicht hauen, und Pfeile, die nicht treffen, und es dringt sich mir oft auf als wäre aller Geist aus der Welt verschwunden.“

Verschwunden sind inzwischen auch drei Bilder aus der Ausstellung „Goethe und die Kunst“, die in der Frankfurter Schirn Kunsthalle gezeigt wird. Gestohlen wurden zwei Gemälde von William Turner und eines von Caspar David Friedrich: „Licht und Farbe“, „Schatten und Dunkelheit“ und „Nebelschwaden“. Die Polizei tappt im dunklen, die Kunsthallendirektion ist perplex, Leihgeber gehen in Deckung, und die Not ist groß.

In dieser prekären Situation trifft es sich gut, daß ein Künstler voller Geist und Gemüt sich spontan bereitgefunden hat, die schmerzlich klaffenden Lücken in der Ausstellung wieder zu schließen: Heribert Lenz. „Es muß ein großes Talent kommen, welches sich alles Gute der Zeit sogleich aneignet und dadurch alles übertrifft“, fuhr Goethe 1826 fort. „Die Mittel sind alle da, und die Wege gezeigt und gebahnt.“

Mit Heribert Lenz springt nun das große Talent in die Bresche. Uneigennützig hat er für die Kunsthalle die drei fehlenden Gemälde nagelneu geschaffen.

Die Schirn Kunsthalle hat jetzt die Möglichkeit, die drei Bilder (Schätzwert: jeweils 250.000 Mark, Tendenz steigend) zu erwerben und der Ausstellung „Goethe und die Kunst“ einzugliedern. Damit sie die Lücken wirklich füllen, können die Exponate problemlos auf jedes gewünschte Format hochkopiert werden.

Der Künstler wartet auf ein Angebot. Mit dem schönen Geld für seine Werke möchte er einen rauschenden Heimatabend im Frankfurter In-Lokal „Horizont“ (Friedberger Landstraße) bestreiten. Die Sache eilt! Das Vorkaufsrecht der Schirn Kunsthalle erlischt am 7. August 1994 um Mitternacht. Die Mittel sind hoffentlich da, und die Wege gezeigt und gebahnt.

Gerhard Henschel