■ Mit Kapitalverflechtungen auf du und du
: Spinne im Netz

Berlin (taz) – Bisher galt für Aktiengesellschaften die Devise: Was geht es unsere Eigentümer an, was wir mit ihrem Geld machen? Das stinkt dem Würzburger Professor Ekkehard Wenger, bekannter Streiter für Aktionärsrechte auf allen Hauptversammlungen, schon lange. Er erstritt nun vor dem Berliner Kammergericht das Recht, Auskunft über die Kapitalbeteiligungen der Allianz zu erhalten. Die Versicherung mußte jetzt Aktienpakete von mindestens 100 Millionen Mark oder einem Kapitalanteil an fremden Unternehmen von zehn Prozent veröffentlichen.

Einige bisher unbekannte Beteiligungen der Allianz kamen nun zutage. So gehören ihr unter anderem fünf Prozent der Deutschen Bank, der Bayer AG und der Metallgesellschaft. Wie eine fette Spinne sitzt die Allianz im Netz ihrer Kapitalbeteiligungen. Am Stichtag 31. 12. 1991 waren das auch die Bayerische Hypo- und die Bayerische Vereinsbank, die BHF- und die Dresdner Bank, die Münchner Rückversicherung, Siemens, BASF, Schering, Hoechst, Veba, Mannesmann, RWE, VW und und und. Der Konzern kann immerhin über ein Kapitalanlagevolumen von 212 Milliarden Mark verfügen.

Das Netz ist dicht gewoben. So gehört die Allianz umgekehrt zu je rund 10 Prozent der Deutschen, der Dresdner und der Bayerischen Vereinsbank; 25 Prozent hält die Münchner Rückversicherung. Zwar bezieht sich die Beteiligungsliste jetzt nur auf 1991, doch auf künftigen Hauptversammlungen muß der Allianzvorstand darauf antworten, wenn Aktionäre nach größeren Aktienpaketen des gerade abgelaufenen Geschäftsjahres fragen. Wenger erwägt dennoch eine Verfassungsbeschwerde, weil die Allianz immer noch nicht ihre stillen Reserven, insbesondere Grundstücksbesitz, offenlegen muß.

Die Allianz veröffentlichte schon im Vorgriff auf das sogenannte Finanzmarktförderungsgesetz auch einige Aktienanteile mit Stand von Ende Juni 1994. Das Gesetz soll mehr Transparenz in die Börse bringen und durch frühe Offenlegung von Unternehmensinformationen Insiderhandel erschweren. Aktiengesellschaften müssen ab Anfang kommenden Jahres Anteile ab fünf Prozent (statt bisher 20 Prozent), die sie dauerhaft an deutschen Unternehmen besitzen, bekanntgeben. Das Berliner Kammergericht zeigte jedoch dem Gesetzgeber, daß es auch schon vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes möglich ist, die Konzerne zu mehr Offenheit zu zwingen. lieb