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Niedriglöhne

■ betr.: „Jeder holt sich längst, was er braucht“, taz vom 1.8.94, „Die be ste aller Welten“, taz vom 2.8.94

Ein Lob den Kommentaren der beiden taz-Redakteurinnen. Ob Plutonium oder Ozon – die ökologischen Katastrophen, die unsere Wirtschaftsordnung hervorbringt, sind furchterregend. Schön aber, daß die taz da, wo es angebracht ist, auch mal die Scheuklappen fallen läßt, welche viele KritikerInnen des „Systems“ immer noch aufhaben. Einzelne Personen schaffen sich im marktwirtschaftlichen System, fälschlicherweise Kapitalismus genannt, als ob in anderen Systemen kein Kapital gebildet würde, ihre Lücken. Lücken, die die HüterInnen unflexibler oder verkrusteter Strukturen als unmoralisch bezeichnen oder als illegale Tätigkeiten strafrechtlich verfolgen. So erst kürzlich die Handwerkskammern als Hüterinnen der mittelalterlichen Handwerksordnung, welche die sogenannten SchwarzarbeiterInnen jetzt mit Hilfe der Telekom aufspüren wollen.

Zu den Niedriglöhnen: Im Prinzip ist doch allen klar, daß die Hunderttausenden von AkademikerInnen aller Fachrichtungen, die unsere Unis entlassen, nicht zu BAT III oder gar -II-Tarifen auf dem Arbeitsmarkt unterzubringen sind, noch nicht mal mit wieder fünfprozentigen Wachstumsraten. Im Prinzip ist auch allen klar, daß die wachsende Zahl der Langzeitarbeitslosen mit Fachausbildung, aber eingeschränkter Leistungsfähigkeit wegen Alter, Gesundheit, Qualifikation oder Drogenproblemen, nicht zu FacharbeiterInnenlöhnen wie bei Krupp/Hoesch beschäftigt werden können.

Aber weil nicht sein darf, was nicht sein soll, bleibt oberste arbeitsmarktpolitische Leitlinie die Integration in den produktiven 1. Arbeitsmarkt zu Tariflöhnen. Wesentliches Mittel: eine Qualifikationsmaßnahme nach der anderen, für immer mehr Personen ohne Erfolg. So bleibt der Niedriglohnsektor, wie er sich jetzt entwickelt, ein illegaler, denn Schwarzgeld, Schwarzarbeit und nicht gemeldete Hinzuverdienste zum Arbeitslosengeld sind eben verboten und strafbar.

Gebraucht werden dagegen politische Initiativen, unterstützt durch die tragenden gesellschaftlichen Interessengruppen, welche diese Entwicklung nicht verteufeln, sondern in eine legale Form überführen und aufbauend auf einer Sozialen Grundsicherung mit Hinzuverdienstanreizen einen Niedriglohnsektor zulassen, der niemanden verarmen läßt. Markus S. Wetter, Dortmund

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