Christopher hetzt wieder durch den Nahen Osten

■ Der US-Außenminister zwischen Damaskus, Jerusalem, Kairo und Amman

Tel Aviv (taz) – Ägypten, Israel, Syrien, Jordanien, und dann nach einem weiteren Abstecher nach Israel voraussichtlich nochmal Syrien: so sieht diesmal die Route der Nahostreise von US-Außenminister Warren Christopher aus. Die am Wochenende begonnene zweite Nahostreise innerhalb von drei Wochen dient hauptsächlich dem Ziel, die festgefahrenen israelisch-syrischen Verhandlungen wieder in Schwung zu bringen.

Am Samstag hielt sich Christopher als Gast des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak in Alexandria auf. Dorthin war auch Jassir Arafat gereist. Der PLO-Chef nutzte die Gelegenheit, um sich bitter zu beklagen, daß er immer noch nicht über die von westlichen Regierungen versprochenen Gelder verfügt. Die Finanzmittel waren nach Bekanntwerden des Gaza-Jericho-Abkommens als Spende für die palästinensische Autonomieverwaltung zugesagt worden. Christophers Interesse galt jedoch in erster Linie den Informationen, die ihm Mubarak von seinen jüngsten Unterredungen mit Syriens Präsidenten Hafis al-Assad und Israels Regierungschef Jitzhak Rabin mitteilte.

Noch am gleichen Abend jettete Christopher nach Jerusalem. Dort betonten hohe US-Beamte in seiner Gefolgschaft, daß er nicht so rasch in den Nahen Osten zurückgekehrt wäre, wenn er nicht mit wichtigen Fortschritten zwischen Damaskus und Jerusalem rechnen würde. Rabin hatte Christopher zuvor um Aufschub seiner Reise gebeten. Der israelische Regierungschef wollte zuvor noch ausführlich den israelisch-jordanischen Frieden feiern.

Christopher war jedoch der Ansicht, daß das Eisen geschmiedet werden muß, solange es heiß ist: Eine schnelle Intervention schien schon deshalb angebracht, weil die US-Regierung eine weitere Eskalation im Süden Libanons befürchtet. Je länger sich in dem Gebiet Israelische Soldaten und Milizionäre der schiitischen Hizbollah blutige Gefechte liefern, desto akuter wird die Gefahr von Terrorakten in aller Welt. Noch vor seiner Ankunft in Israel schickte Christopher Demarchen nach Damaskus und Jerusalem. Darin betonte er, daß er Wert dauf lege, daß während seiner Rundreise die Waffen an der Nordgrenze Israels schweigen.

Im Süden Libanons und in der von Israel besetzten „Sicherheitszone“ hatte es in den letzten Wochen eine Häufung israelischer Luftangriffe auf Einrichtungen schiitischer Milizen gegeben. Am Donnerstag wurde dabei in dem libanesischen Dorf Dar al-Zaharani ein dreistöckiges Wohnhaus getroffen und zerstört. Sieben Zivilisten kamen in den Ruinen ums Leben und 13 Einwohner wurden verletzt. Die israelische Regierung bezeichnete den Treffer später als „Versehen“.

Der Angriff galt als grobe Verletzung eines vor einem Jahr mit Christophers Hilfe getroffenen Abkommens zwischen Israel und der Hizbollah. Die israelische Regierung hatte sich damals verpflichtet, keine Angriffe auf libanesische Zivilziele zu unternehmen. Die Hizbollah versprach, keine Raketen auf israelisches Staatsgebiet zu feuern. Auf den Bruch dieser Vereinbarung durch Israel antwortete die Hizbollah am Freitag mit mehreren Katjuscha- Raketen. Einige davon explodierten in einem nordisraelischen Städtchen. Dabei wurden drei Jugendliche leicht verletzt.

Zudem kamen bei einem Zusammenstoß mit bewaffneten Hizbollah-Leuten im südöstlichen Libanon nördlich der „Sicherheitszone“ am Wochenende ein israelischer Offizier und ein Unteroffizier ums Leben. Zwei weitere Soldaten erlitten leichte Verletzungen. Dem Zusammenstoß folgte eines der schwersten Artilleriegefechte an dieser Front. Israelische Soldaten feuerten dabei nach eigenen Angaben ungefähr 400 schwere Granaten nach Norden. Der israelische Stabschef, General Ehud Barak, warnte, daß Israel die Operationen gegen die Hizbollah „erweitern“ werde.

Israel macht Syrien für die Hizbollah-Operationen im Libanon verantwortlich, weil die im Libanon stationierten syrischen Soldaten nichts gegen die Aktionen der Schiitenmiliz unternehmen. Israelische Militärexperten und halbamtliche Kommentatoren erklären, daß nach der gegenwärtigen Gefechtspause der „Zermürbungskrieg“ an der libanesischen Front fortgesetzt werde. Dabei werde Israel seine große Übermacht vor allem durch den Einsatz von Artillerie und Luftwaffe auch tief im Landesinneren demonstrieren. Israelische Militärexperten sind der Ansicht, daß dieser Krieg erst beendet werden kann, wenn Israel und Syrien unfangreiche Abkommen und Arrangements treffen. Amos Wollin