Bremer Monopol an der Ostsee

■ Die "Deutsche Seereederei Rostock" und die "Senator Linien" des Bremer Vulkan-Verbundes vereinigen ihre Überseedienste / Größte deutsche Seereederei

Berlin (taz/dpa) – Friedrich Hennemann hat es geschafft. Nach den Werften in Wismar und Rostock gehört nun auch die Handelsflotte der ehemaligen DDR zu seiner Bremer Vulkan AG. Am Donnerstag abend haben die „Senator Linien“, zu 67 Prozent im Besitz des Vulkan-Verbunds, und die 1993 privatisierte „Deutsche Seereederei Rostock“ (DSR) mitgeteilt, sie hätten ihre Überseedienste rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres fusioniert.

Unter dem Namen „DSR Senator Lines Holding GmbH“ ist damit die größte deutsche Reederei entstanden. Vierzig eigene und gecharterte Schiffe betreiben zur Zeit zwanzig Liniendienste und machen 1,6 Milliarden Mark Umsatz. „In der Weltschiffahrt setzt sich der Konzentrationsprozeß fort“, hat der Mittelständler gelernt.

Wohl wahr. Noch im letzten Sommer galten Rahe und sein Kompagnon Nikolaus Schües als schärfste Gegner des Bremer Giganten, der bei der Treuhand ebenfalls einen Kaufantrag für die ehemalige Staatsreederei der DDR gestellt hatte. Hennemann argumentierte mit seinem „maritimen Konzept“, das unter Führung der Senator Linien allein in der Lage sei, dem Restbestand der DDR-Flotte eine Zukunft auf dem Weltmarkt zu sichern.

Die Treuhand war davon weniger überzeugt. Die Senator Linien fuhren bislang nur Verluste ein, wenn auch mit Schiffen, die auf Hennemanns Vulkan-Werften gebaut wurden. Offenbar sollten die Treuhand-Zuschüsse die finanzielle Schieflage der Bremer ausgleichen – die bislang wenig bekannten Mittelständler aus Hamburg bekamen den Zuschlag.

Henneman tobte, die Fehlentscheidung drohe die deutsche Handelsflotte zu ruinieren. Aber Kenner der Szene glaubten schon damals nicht an die Wortgefechte, und so marktwirtschaftlich gesonnen, wie die Treuhand glaubte, waren auch die Hamburger Kaufleute nicht. Für den Bremer Monopolisten zog hinter den Kulissen längst ein anderer die Fäden: Claus Grobecker, zuletzt Finanzsenator und gut befreundet mit Hennemann, der seine Laufbahn als Sanierer der Bremer Werften im Amt des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium der kleinen, aber feinen Hansestadt begonnen hatte.

Grobecker sitzt heute im Aufsichtsrat des unter Hennemann geschmiedeten Vulkan-Verbundes und zeichnet seit 1. Januar dieses Jahres auch als „Direktor“ in Rahes und Schües' DSR-GmbH. Die Fusion der Frachtlinien war vorgezeichnet, die beiden Hamburger hatten nie ernsthaft vor, eigene Schiffe auf die Weltmeere zu schicken.

Es bleibt ihnen auch so noch genug zu tun: Sie haben mit der Reederei umfangreiche Grundstücke in bester Rostocker Seelage erworben. Das Mischkonzept, das seinerzeit der Treuhand so gut gefiel, sah hauptsächlich Hotelbauten und touristische Attraktionen aller Art vor, darunter schamhaft auch Vergnügungsfahrten auf DSR-eigenen Dampfern. 200 Millionen Kapital und 18 eigene Schiffen aus dem alten DDR-Bestand brachten Rahe und Schües in die neuen Senator-Linien ein. „Umstrukturierungskosten“, so Horst Rahe, werden 1994 einen „zweistelligen Millionenverlust“ herbeiführen, spätestens 1996 werde dann „die Gewinnzone erreicht“. Hennemanns Vulkan-Verbund wird in jedem Fall profitieren: Die DSR-Senator- Holding werde neue Containerschiffe auf den ostdeutschen Werften bauen lassen, versprach Rahe, falls die sich als „konkurrenzfähig erweisen“. Das wird sich in Bremen ja wohl richten lassen. Niklaus Hablützel