■ Das Portrait
: Mate Boban

„Nur wer Stärke zeigt“, sagte er einmal in einem Interview, „der kann es zu etwas bringen.“ Der Bauernsohn aus dem bosnischen Provinznest Grude bei Mostar hat gut lachen. Seine Karriere verlief steil und scheint nach wie vor nicht beendet zu sein. Der 53jährige Diplomvolkswirt leitete bereits im alten Jugoslawien mehrere Staatsfirmen und soll für einige private Kleinunternehmen als Berater tätig gewesen sein, bevor er nach dem Zusammenbruch des Vielvölkerstaates Anfang 1991 zusammen mit einer Tochter des kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman in den Zagreber Tabakhandel einstieg. Wie eng damals die Familienbande zwischen den Bobans und den Tudjmans gewesen sind, ist bis heute ungeklärt. Sicher ist: Nach Ausbruch des bosnischen Krieges vor zwei Jahren wurde Boban dort Tudjmans persönlicher Statthalter. Eine seiner ersten „Amtshandlungen“ bestand darin, jeden Kontakt zu den kroatischen Politikern in Sarajevo abzubrechen und deren legal gewählten Führer Stjepan Kljuić abzusetzen.

Während sich zu diesem Zeitpunkt Kroaten und Muslime in der bosnischen Hauptstadt noch gemeinsam gegen den serbischen Aggressor verteidigten, organisierte Boban eine Gegenregierung, die sich zum Ziel setzte, die südlichen Regionen Bosniens an Kroatien anzuschließen. Am 25. Mai 1992 rief er mit Tudjmans Rückendeckung die „Republik Herceg-Bosna“ aus. Das Zerwürfnis mit den muslimischen Bosniern nahm seinen Lauf, der Krieg beider Volksgruppen begann. Bobans Truppen griffen zu den gleichen Methoden der serbischen Freischärlerbanden: Internierungslager und systematische Vertreibungen gehörten über ein Jahr lang zum Alltag in „Herceg- Bosna“. Das Blatt wendete sich erst im Januar dieses Jahres, als durch Druck der EU, UNO und vor allem der USA in Washington die kroatisch- muslimische Konföderation – zumindest auf dem Papier – ins Leben gerufen wurde. Boban wurde abgesetzt. Doch nun scheint er als Direktor des bedeutendsten kroatischen Industrieunternehmens, des Ölkonzerns INA, eine neue Karriere zu Karriere nicht zu EndeFoto: Reuter

starten. Zwar meldeten kroatische Zeitungen in der vorigen Woche seine Ernennung nur kurz. Doch wer einmal etwas bei INA gewesen ist, hat auch politisch einiges zu sagen: Zu kommunistischen Zeiten brachten es gleich mehrere Ex-Direktoren zum Minister, und auch der heutige kroatische Premier Valentić war einmal INA-Manager. Karl Gersuny