„Mal sehen, wie weit wir kommen“

Kurswechsel in letzter Minute: Im Bonner Umweltministerium wird nun doch ein eigener Katalog klimapolitischer Ziele für die Rio-Nachfolgekonferenz in Berlin ausgearbeitet  ■ Von Susanne Krispin

Berlin (taz) – Ganz mit leeren Händen wollen die Deutschen nun doch nicht nach Genf fahren. Dort beginnt am Montag eine Konferenz der 160 Vertragsstaaten der Klimakonvention von Rio. Die Delegationen wollen die Berliner Klimakonferenz des kommenden Frühjahrs vorbereiten. Doch noch Anfang dieser Woche hieß es im Bonner Umweltministerium lapidar, eine eigene Erklärung über klimapolitische Ziele werde nicht vorbereitet. Man werde lediglich ein „Ergänzungsprotokoll befürworten“.

Ein bißchen dürftig für den Gastgeber der internationalen Großkonferenz. Auch die Klima- Enquetekommission des Bundestages fragte irritiert nach, ob es denn dabei bleiben solle. Der Kurswechsel kam prompt. Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) sagt jetzt: „Wir werden ein Protokoll von der Bundesrepublik vorlegen.“ Überstunden in Bonn wenige Tage vor dem Genfer Termin: Zusammen mit dem Wirtschafts- und Verkehrsministerium, dem Forschungs- und dem Landwirtschaftsministerium basteln Töpfers Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zur Zeit an einem sogenannten „Elementepapier“ um Punkte für das versprochene Klimaprotokoll zu sammeln.

Darin sollen konkrete Ziele und Maßnahmen formuliert und außerdem eine Berichtspflicht für alle 80 Staaten verankert werden, die die Konvention ratifiziert haben. Über konkrete Zeiträume etwa von CO2-Reduktionszielen der Industrieländer bis zum Jahr 2005 muß im einzelnen verhandelt werden. Denkbar ist durchaus, daß bereits Ziele für die Jahre 2020 oder 2025 festgelegt werden.

Überhaupt soll das Protokoll für spätere Änderungen offen sein, damit relevante wissenschaftlich technische Informationen geprüft werden können. So sollen auch die Emissionen von Methan und Lachgas aber auch von bisher unbekannten Treibhausgasen, wie etwa fluorierten Kohlenwasserstoffen, stabilisiert und später begrenzt werden. Aber auch die CO2-Steuer soll als Element mit in das Protokoll einfließen.

Themenschwerpunkte sind zudem Verkehrsvermeidung, Verlagerung des Autoverkehrs auf die Schiene und auch das Fünf-Liter- Auto. Um wirksam Kohlendioxid einzusparen, sollen ferner die Energieeffizienz verbessert und verstärkt erneuerbare Energien eingesetzt und deren Anteil am gesamten Primärenergieverbrauch jährlich gesteigert werden. In der Landwirtschaft wollen die Deutschen eine Kopplung von Fläche und Viehbeständen sowie eine Reduzierung der Gesamtbestände anstreben, um Emissionen wie Methan und Ammoniak zu vermeiden. Um die Emissionen von Lachgas zu begrenzen, wird eine Verminderung des Einsatzes von Stickstoffdünger empfohlen.

Einig ist man sich in Bonner Regierungskreisen, daß die vagen Formulierungen der geltenden Konvention nicht mehr genügen, um das erklärte Ziel zu erreichen, nämlich „eine gefährliche Störung des Klimas durch den Menschen zu verhindern“. Nur sind die höheren Ansprüche das eine, deren Abstimmung in der EU und mit den Vertragsstaaten der Konvention das andere. Im Bonner Umweltministerium wäre man froh, wenn mehr erreicht würde als die gegenwärtig gültige Konvention. „Mal sehen, wie weit wir kommen“, meint man dort skeptisch.