■ Mit Abfallsteuern auf du und du
: Kassel vs. McDonald's

Berlin/Kassel (taz/dpa) – Darf eine Stadt Steuern erheben, die gar nicht zur Aufbesserung der Kasse dienen sollen? Mit dieser Frage muß sich heute vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin der Kämmerer der Stadt Kassel, Jürgen Barthel (SPD), auseinandersetzen. Es geht um eine Abgabe, die seit 1992 in der nordhessischen Stadt auf Einweggeschirr und -besteck in Kantinen, Gaststätten und Imbißbuden erhoben wird. McDonald's und die Aufsteller von Heißgetränkeautomaten wollen nicht zahlen und sind vor den Kadi gezogen.

Kommunale Steuern sollen die leeren Kassen auffüllen. Zweifelhaft aber ist, ob eine Stadt mit einer Steuer auch das politisch sinnvolle Ziel der Abfallvermeidung verfolgen darf. Die Hamburger-Kette behauptet eben dies: Die Stadt Kassel habe mit ihrer Einwegsteuer Umweltminister Klaus Töpfer unzulässig ins Handwerk gepfuscht. Dazu wollte sich der hessische Verwaltungsgerichtshof in einer ersten Entscheidung Ende Dezember 1992 nicht äußern.

50 Pfennige pro Einwegteller, 40 für den Kaffeebecher und 10 Pfennige pro Plastikgabel fließen ins Kasseler Stadtsäckel. Machte im vergangenen Jahr summa summarum 29.000 Mark. Auf weitere 800.000 Mark allerdings mußte der Kämmerer zunächst verzichten, weil Großzahler wie McDonald's ihr Geld erst einmal behalten dürfen, bis der Fall entschieden ist.

Als Instrument der Abfallpolitik hat die Steuer funktioniert. Experten sprechen von 500 Tonnen weniger Abfall im Jahr. Kämmerer Barthel ist überzeugt, daß bei einer bundesweiten Einführung des Modells mehr Müll vermieden werden könnte als mit dem grünen Punkt. „Dann müssen auch Fastfood-Ketten umstellen.“

McDonald's wehrt sich gegen den Müllvorwurf mit dem Hinweis, daß 80 Prozent der Restaurant-Abfälle wiederverwertet würden. Nur fließt in diese Rechnung nicht mit ein, was in Bahnhofs-Mülleimern oder auch auf der Straße landet, wie der Abfallexperte des BUND, Olaf Bandt, vermerkt.

Ein anderer kommunaler Vorstoß gegen die Müllflut scheiterte vor zwei Jahren vor einem Verwaltungsgericht: Dieses hob ein Verbot der Stadt München gegen Einwegverpackungen bei Mineralwasser, Bier und Milch auf. Eine heftige Rüge für Umweltminister Töpfer konnten sich die Richter aber nicht verkneifen: „Die Bundesregierung hat die ihr auf dem Gebiet der Vermeidung und Verwertung erteilte Verordnungsermächtigung so ausgeübt, daß möglicherweise wenig zur Abfallvermeidung beigetragen wird.“ lore