Himmelfahrt-Prozeß: Angeklagte erheblich belastet

■ Einer der Rädelsführer wurde eindeutig identifiziert

Magdeburg (taz) – Im zweiten Prozeß nach den ausländerfeindlichen Ausschreitungen am Himmelfahrtstag haben Zeugen die drei Angeklagten zum Teil erheblich belastet. Ein Polizeibeamter identifizierte den 21jährigen Heiko K. als Rädelsführer der Ausschreitungen. Nach Abflauen der Auseinandersetzungen unmittelbar vor der Marietta-Bar hätten sich etwa 100 Meter westlich deutsche Hooligans und Ausländer gegenübergestanden, sagte der Beamte. Dabei wurden von beiden Gruppen Steine und andere Gegenstände geworfen, wobei die deutsche Gruppe begonnen habe.

Die Hooligans hatten Stühle von der Freifläche eines Cafés als Wurfgeschosse zweckentfremdet. Der von Heiko K. geworfene Stuhl sei am weitesten geflogen und habe eines der Polizeifahrzeuge getroffen, die die Einsatzkräfte zwischen die beiden Gruppen gefahren hatten. Der Angeklagte habe dann auch das Kommando zum Durchbrechen der Polizeikette und zum Angriff auf die Ausländer gegeben. Auch mehrere Steine habe er geworfen. Heiko K. sei ihm bereits aus früheren Einsätzen als Rädelsführer der Magdeburger Hooliganszene bekannt gewesen, deshalb habe er auf ihn besonders geachtet. Auch den Angeklagten Carlo F. kenne er als Angehörigen der Hooliganszene, sagte der Beamte. Er konnte aber nicht sagen, wie dieser sich an den Ausschreitungen beteiligt habe. Alle drei Angeklagten hatten zu Beginn des Prozesses nicht nur energisch bestritten, zur Hooliganszene zu gehören, sondern auch behauptet, nicht einmal zu wissen, wer oder was Hooligans sind.

Nach Aussage einer 18jährigen Schülerin, die zum Zeitpunkt der Ausschreitungen als Aushilfskellnerin tätig war, war der Überfall auf die Bar offensichtlich geplant.

Bereits in dem ersten Prozeß um die Himmelfahrts-Krawalle hatte ein Zeuge im Juli ausgesagt, daß die Ausschreitungen geplant waren. Nach Aussagen eines Verfassungsschützers hatte ein Informant aus der Szene angekündigt, daß sich Hooligans und Skinheads am 12. Mai versammeln wollten, um gegen Linke vorzugehen. In dem Prozeß wurden Jugendhaftstrafen zwischen zwei und dreieinhalb Jahren verhängt.

Ein Küchenhelfer der Marietta- Bar erhob in seiner Aussage schwere Vorwürfe gegen einen Polizisten. Der Beamte habe ihn bis in die Küche der Marietta-Bar verfolgt und dort festgenommen, nachdem er sich vor der Bar gegen deutsche Angreifer gewehrt habe, sagte der Mann. Als ihn der Beamte mit auf dem Rücken gefesselten Händen zum Einsatzfahrzeug gebracht habe, sei er von Hooligans angegriffen und geschlagen und dabei erheblich verletzt worden, ohne daß der Polizist eingeschritten wäre, so der Zeuge weiter.

Der Beamte selbst hat in dem Prozeß bereits als Zeuge ausgesagt, ohne allerdings diesen Vorfall zu erwähnen. Die Staatsanwälte wollten nicht sagen, ob der Polizist unter den Beamten ist, gegen die nach den Ausschreitungen ebenfalls ermittelt wird. Zwei Beamte wurden bereits vom Dienst suspendiert. löb