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Laue-Komplex: Chance für Wohnprojekte

■ Genossenschaft soll Häuser kaufen / Sanierungsbeirat findet's gut Von Kai von Appen

Um die seit vier Jahren leerstehenden Gebäude in der Schanzenstraße 56-62 hat sich offiziell ein Wohnprojekt beworben. 40 Leute des Bündnisses „Nimm 2“ möchten in den acht Wohnungen alternative Lebensformen verwirklichen.

Das Gebäude gehört zum Gelände der ehemaligen Gewürzfabrik Herrmann Laue, das vom Rechtsanwalt Hans-Erich Dabelstein aufgekauft wurde und seitdem vor sich hinrottet (taz berichtete).

Die Pläne von „Nimm 2“ sind bereits relativ ausgereift. Die zwei Gruppen des Bündnisses stammen aus alternativen Zusammenhängen des Schanzenviertels (Rote Flora, Treff Fritz Bauch) und verstehen sich als Folgegruppe des sogenannten „Laue-Bündnisses“. Dieses hatte 1991 um die Häuser gekämpft, nachdem die Gruppe „Muskatnüsse“ im März 1990 die Häuser zunächst besetzt und dann von der Polizei geräumt worden war.

Die Finanzierung des Projektes soll aus Mitteln der Alternativen Baubetreuung (ABB) der Baubehörde erfolgen. Das bedeutet, daß ein Teil der Instandsetzungskosten und -arbeiten durch Eigenleistung aufgebracht werden muß. Die Projektierung der Instandsetzungsmaßnahmen soll durch den alternativen Sanierungsträger „Stattbau“ erfolgen.

„Erste Gespräche haben bereits stattgefunden“, so eine Insiderin, „ein detailliertes Finanzierungsmodell kann erst erstellt werden, wenn die Verhandlungen mit dem Besitzer und der Stadt fortgeschritten sind.“ Ob sich Eigentümer Dabelstein auf derartige Verhandlungen einläßt, ist derzeit aufgrund der undurchsichtigen Lage auf dem Laue-Gelände unklar. Gegenüber der taz hatte Dabelstein allerdings 1992 seine grundsätzliche Bereitschaft erklärt, über die Vergabe von Gebäuden des Laue-Areals an alternative Wohnprojekte zu reden.

Die Übernahme der Gebäude sollte nach den Vorstellungen der Gruppe möglichst durch die Baugenossenschaft „Schanze eG.“ erfolgen. „Die finanziellen Bedingungen werden zwischen den Vertragspartnern unter Berücksichtigung des jahrelangen Leerstandes, der Lage im Sanierungsgebiet und der Schaffung preisgünstigen Wohnraumes verhandelt“, so die Gruppe. „Sollte das Haus von der Schanze eG. gekauft werden, so beteiligt sich das „Nimm 2“-Bündnis an dem Kaufpreis mit etwa zehn Prozent.“

Das „Nimm-2“-Bündnis besteht aus zwei Gruppen. Einer gemischten Wohngruppe und einer 17-köpfigen Frauengruppe. „Ein Wohnprojekt mit einer größeren Anzahl von Frauen bietet uns die Möglichkeit, unsere Ideen und Wünsche, die wir vom Leben haben, umzusetzen, selbstbestimmt an unseren eigenen Bedürfnissen orientiert“, so „Nimm 2“. Und dieser Wohnraum soll dann auch in Zukunft für Männer tabu sein. Die Frauen: „Auch wenn einzelne von uns das Projekt verlassen, besteht dieser Raum für Frauen weiter.“

Unterstützung erhält „Nimm 2“ mittlerweile vom zuständigen Bezirk Hamburg-Mitte. Der Sanierungsbeirat empfahl dem Sanierungsausschuß einstimmig, „sich dafür einzusetzen, daß unter der Federführung des Baudezernenten Gespräche mit der Initiativgruppe „Nimm 2“, Stattbau und Schanzengenossenschaft geführt werden, um die Frage des Ankaufs des Grundstückes durch die Schanzengenossenschaft zu erörtern.“

Kai von Appen

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